Organisationsentwicklung

Geschwurbel von Daniel Schwamm (07.04.1994)

Inhalt

1. Konzept der Organisationsentwicklung

1.1. Rationalität und menschlicher Faktor

In ihren Anfängen wollte die Organisationslehre ingenieurhafte Prinzipien zur Gestaltung optimaler Organisationsstrukturen nennen. Doch diese Prinzipien alleine erwiesen sich als zu wenig, da u.a. die Hawthorne-Experimente, die die Human Relations-Bewegung initiierten, zeigten, dass das menschliche Verhalten nicht vernachlässigbar ist und also die Meinung der Betroffenen bei der Organisationsstrukturgestaltung zu berücksichtigen ist.

Sofort machten sich daraufhin die Organisationstheoretiker daran, den optimalen Führungsstil und das optimale Konfliktlösungsverhalten herauszubekommen, bei dem alle Mitglieder einer Organisation motiviert und zufrieden sind. Schnell zeigte sich jedoch, dass Menschen nicht so leicht zufriedenzustellen sind und die Theorien der Organisationspsychologie und Organisationssoziologie gewannen dermassen an Komplexität, dass ihre Anwendung in der Praxis immer zweifelhafter wurde.

1.2. Kriterien der Motivation und der Arbeitszufriedenheit

Immerhin, die Organisationstheoretiker identifizierten einige wichtige Kriterien, die der Motivation und der Arbeitszufriedenheit förderlich zu sein scheinen. Diese Kriterien werden seitdem als Ziele für die Gestaltung der Organisationsstrukturen verwendet, wenn dabei auch der Human Relation-Ansatz Berücksichtigung finden soll.

Kriterien der Motivation und der Arbeitszufriedenheit sind:

  • Eigenkontrolle statt Fremdkontrolle.
  • Gruppenverantwortung statt Einzelverantwortung.
  • lose umrissene Aufgaben statt monotone, spezialisierte Aufgaben.
  • fachliche Autorität statt positionsgebundene Autorität.

1.3. Erwünschte Eigenschaften der Betroffenen

Da die Organisationsentwicklung dem Human Relations-Ansatz verpflichtet ist, gelten obige Ziele generell auch für sie. Allerdings überlässt sie die Wahl bzw. die Erreichung der Ziele stärker den Betroffenen selbst, da sie diese durch ihr Hilfe-zur-Selbsthilfe-Programm - ein Geschenk aus der Psychologie - viel stärker am Entwicklungsprozess beteiligen will.

Grundvoraussetzung dazu sind allerdings gewisse Eigenschaften der Mitglieder:

  • Sie müssen sensitiv für das eigene Verhalten sein.
  • Sie müssen teamfähig sein.
  • Sie müssen fähig sein, Konflikte beizulegen bzw. zu lösen.

1.4. Schulung der Betroffenen

Solche Fähigkeiten sind nur wenigen Menschen im ausreichenden Masse in die Wiege gelegt worden. Daher müssen sie meistens geschult bzw. trainiert werden, was z.B. über Selbsterfahrungsgruppen geschehen kann, in denen der Einzelne neue Verhaltensweise kennenlernen kann und mehr über sein eigenes Verhalten erfährt, indem er andere beobachtet und sich selbst analysiert. Daraus wird schon deutlich, was der Ansatz der Organisationsentwicklung (OE) eigentlich ursprünglich wollte: Er wollte weniger die formalen Regeln einer Organisation ändern als vielmehr die Einstellung ihrer Mitglieder - sie sollten lernen, das jeweils beste aus einer von oben gegebenen Organisationsstrukturen machen zu können.

Zunächst verfuhr die Organisationsentwicklung mit ihren Schulungsmassnahmen recht elitär, d.h., nur einige wenige Schlüsselpersonen kamen in den Genuss, Konfliktlösungstechniken u.ä. zu erlernen. Da diese Methode nicht fruchtete - die allgemeine Motivation liess sich dadurch in den Organisationen nicht steigern -, gingen die Organisationstheoretiker dazu über, grossflächiger zu schulen. Mann dachte: Wenn nur alle Mitglieder der Organisation ihr Verhalten und das der anderen hinreichend analysieren können, dann ist eine Hilfe zur Selbsthilfe leichter zu realisieren.

1.5. Die Notwendigkeit struktureller Änderungen

Und tatsächlich verhielten sich die OE-geschulten Mitglieder zunächst in der erhofften Weise: Sie kooperierten stärker, sie mieden Konflikte und die Führung durch die Manager konnte reduziert werden. Doch der Effekt hielt nicht lange, denn schon bald fielen die Mitarbeiter in ihre alte Arbeitsweise zurück.

Als Grund dafür wurde das Carry-over-Problem identifiziert: Die unveränderten Strukturen der Organisation harmonierten nicht mit der neuen Verhaltensweise der geschulten Mitglieder und zwang sie so früher oder später, zum alten Trott zurückzukehren. Und aus diesem Grund wurde ein neuer Ansatz der Organisationsentwicklung gefordert: der strukturelle Ansatz.

2. Strukturelle Organisationsentwicklung

Wie sich gezeigt hat, konnte man durch Schulungsmassnahmen das Verhalten von Organisationsmitgliedern dahin gehend ändern, dass sie selbstständiger und friedlicher miteinander kooperierten. Je weitflächiger solche Schulungen durchgeführt wurden, um so nachhaltiger beeinflussten sie den Arbeitsablauf.

2.1. Ziele der Änderung der Organisationsstrukturen

Um jedoch dem Carry-over-Problem zu begegnen, war es nötig, die Verhaltensänderung weniger durch Schulung der Betroffenen als durch Änderung der Organisationsstrukturen zu erreichen. Der klassische strukturelle Ansatz der Organisationsentwicklung sieht daher vor:

  • Stellenaufgaben zu humanisieren.
  • die Entscheidungsdelegation zu erhöhen.
  • ein Management by Objectives durchzuführen.
  • gruppenorientierte Entgeltsysteme einzurichten.

2.2. Kritik an der strukturellen Organisationsentwicklung

Hierzu ist kritisch zu bemerken, dass diese Massnahmen wie die Organisationsprinzipien einen zu absoluten Charakter besitzen, um für jede Situation gelten zu können. Die Organisationsstrukturen werden zudem nur unvollkommen erfasst, es wird stattdessen mehr auf Führungsmassnahmen eingegangen. Und diese Vorgaben widersprechen nicht zuletzt auch noch dem Geist der Organisationsentwicklung, denn diese will ja ausdrücklich die Betroffenen am Entwicklungsprozess beteiligen. Doch wenn es keine alternative Gestaltungsmöglichkeiten gibt, dann dezimiert sich die Beteiligung auf blosses informiert werden.

2.3. Das Fehlen von Alternativen bei der Gestaltung

Wir sehen also, dass die Organisationsentwicklung, um ihrer Intention gerecht zu werden, Alternativen in der Gestaltung benötigt. Wenn es nur die eine optimale Gestaltung zur Lösung aller Probleme gibt, dann hat die Organisationsentwicklung eigentlich keine rationale Daseinsberechtigung. Es ist also zunächst wichtig, zu klären, ob es so etwas wie organisatorische Gestaltungsspielräume geben kann.

3. Existieren organisatorische Gestaltungsspielräume?

Die Organisationsentwicklung soll helfen, dass Mitglieder einer Organisation sich selbst helfen können. Wie wir am Carry-Over-Problem gesehen haben, beeinflusst die Organisationsstruktur in erheblichem Masse das Verhalten der Mitglieder. Wenn sie sich also selbst helfen wollen, müssen sie in der Lage sein, Organisationsstrukturen selbst zu analysieren, um eventuell bessere Alternativen dazu bilden zu können, die dann gemeinsam implementiert werden. Das funktioniert natürlich nur, solange es Alternativen zu bestimmten Strukturen gibt. Denn eine deterministische Strukturgestaltung würde jeder Organisationsentwicklung den Boden unter den Füssen wegziehen.

3.1. Determinismus beim situativen Ansatz

Der situative Ansatz z.B. ging ursprünglich von solch einer deterministischen Strukturgestaltung aus. Sein erklärtes Ziel war, optimale Strukturen zu bestimmten Situationen ausfindig zu machen. Bis zu einem gewissen Grad war der situative Ansatz auch erfolgreich damit, denn er fand empirische Belege dafür, dass sich bestimmte Strukturen bei bestimmten Gegebenheiten besser bewährt haben als andere Strukturen - doch von einem Determinismus kann hier noch lange keine Rede sein, denn:

  • äquivalente Lösungen sind nicht auszuschliessen.
  • die Organisation kann die Situation ändern (z.B. durch langfristige Verträge bei dynamischen Marktgegebenheiten).
  • auch Marketing, Finanzpolitik und Personalführung beeinflussen den Erfolg einer Organisation. Eine "optimale" Organisationsstruktur alleine wäre demnach also kein Garant für den Erfolg.
  • der situative Ansatz unterschlägt die Möglichkeit innovativer Gestaltungsmöglichkeiten, da diese noch keine genügende empirische Basis haben können.

Fassen wir zusammen: Der situative Ansatz, der einen Determinismus aufzeigen wollte, kann allenfalls Gestaltungsempfehlungen abgeben, die viele Spielräume zur Gestaltung der Strukturen offen lassen.

3.2. Gestaltungsalternativen liegen immer vor

Andere Organisationstheorien waren diesbezüglich nicht erfolgreicher, d.h., die optimale Organisationsstruktur scheint es nicht zu geben. Daraus folgt definitiv, dass Spielräume in der Gestaltung der Strukturen existieren, dass also eine Konsensfindung zwischen verschiedenen Gestaltungsalternativen durch die Betroffenen, wie sie die Organisationsentwicklung anstrebt, nicht nur möglich, sondern sinnvoll ist.

4. Voraussetzungen der strukturellen Organisationsentwicklung

In den vorherigen Kapiteln haben wir gesehen, dass eine strukturelle Organisationsentwicklung eine erfolgsversprechende Sache zu sein scheint. Um sie in der Praxis realisieren zu können, müssen allerdings einige Voraussetzungen in der Organisation erfüllt sein (man könnte auch genauso gut von Forderungen statt von Voraussetzungen reden), denen wir uns nun in Form von fünf Thesen zuwenden werden.

4.1. Erste Voraussetzung: Beteiligung der Betroffenen

Die von einer Reorganisation betroffenen Mitglieder sind in allen Phasen des Reorganisationsprozesses zu beteiligen!

4.1.1. Phasen des Reorganisationsprozesses

Stellen wir dazu zunächst fest, welche Phasen ein Reorganisationsprozess im Allgemeinen durchläuft:

  • Ist-Analyse.
  • Zielsetzung bzw. Projektdefinition.
  • Generierung alternativer Lösungen.
  • Bewertung der alternativen Grobkonzepte.
  • Implementierung eines Konzepts.

4.1.2. Reduktion verzerrter Informationen

Warum nun ist die Beteiligung der Betroffenen sinnvoll? Der Grund hierfür ist, dass Mitglieder den Experten, die normalerweise die Reorganisation alleine durchführen, schlicht nicht über den Weg trauen. Sie glauben einfach nicht, dass die Experten ihre Interessen hinreichend vertreten, selbst wenn sie ihnen bekannt sind. Und aus diesem Grund lassen sie den Experten z.B. bei Befragungen nur verzerrte Informationen zukommen, wann immer dem aktuellen Status quo eine Änderung zu Wiederfahren droht.

4.1.3. Wissenseinbringung

Noch aus einem anderen Grund ist Beteiligung der Betroffenen relevant: Die Experten sind zwar Spezialisten für das Reorganisieren, im Allgemeinen nicht aber auch Spezialisten für die Abteilungen, die sie zu reorganisieren haben. D.h., die Experten sind auf unverzerrtes Wissen der Abteilungsmitglieder angewiesen, soll die Änderung der Strukturen ökonomisch und motivierend sinnvoll sein. Und wie würden sich diese Ziele leichter realisieren lassen, als einfach die Betroffenen an der Reorganisation zu beteiligen?

4.1.4. Mehr Schein als Sein

Natürlich stellt die erste Voraussetzung bei der Reorganisation eine Idealforderung dar, die in der Praxis kaum je vollständig realisiert werden kann. Zum einen sind nie wirklich alle Betroffenen am Reorganisationsprozess ständig zu beteiligen, denn schliesslich haben diese auch noch ihre tägliche Arbeit zu erledigen. Auch das Wissen ist ungleich verteilt, so kann man die Betroffenen zwar befragen und sogar Entscheidungen treffen lassen, das Reorganisieren selbst aber müssen wiederum die Experten alleine durchführen.

Dieses Vorgehen der Experten des Reorganisationsprozesses umgibt die Organisationsentwicklung mit dem unangenehmen Geruch der Manipulation, denn die Partizipation der Betroffenen kann vielfach auch bloss geschickt vorgetäuscht werden, um die Betroffenen bezüglich der anfallenden Änderungsmassnahmen gnädig zu stimmen. Wären die Betroffenen bei der Organisationsentwicklung tatsächlich voll integrierte Entscheider, dann ginge dies ja letztlich mit einem Machtverlust des Managements einher - und wer die besondere Spezies Manager kennt, weiss, dass diese sich auf so etwas nie freiwillig einlassen würde.

4.2. Zweite Voraussetzung: Einsatz spezieller Werkzeuge

Die Beteiligung der Betroffenen an der Reorganisation ist durch spezielle Methoden bzw. Instrumente sicherzustellen!

Wie bei der ersten Voraussetzung erwähnt, lassen sich Manager nur ungern das Zepter aus der Hand nehmen. Um hier zu grossen Machtmissbrauch zu verhindern, da die Betroffenen nur zeitweise und mit Wissensdefiziten versehen aktiv an der Reorganisation beteiligt sein können, muss der Prozess der Reorganisation u.a. formalisiert werden, wobei festgeschrieben wird, wer welche Kompetenzen einnimmt. Dies ist nicht nur bei der Relation Führungskraft-Mitarbeiter von Wichtigkeit, sondern auch bei der Relation Mitarbeiter-Mitarbeiter. Schliesslich - so lehrt uns die Mikropolitik und die tägliche Erfahrung - versucht jeder in gewisser Weise, seine Zielvorstellungen in Prozesse einzubringen. Nur eindeutig formulierte Richtlinien, Methoden und Instrumente können hier grössere Interessenskonflikte verhindern.

4.3. Dritte Voraussetzung: Auswirkungen von Strukturänderungen berücksichtigen

Werden die Organisationsstrukturen umgestaltet, so ist neben den ökonomischen Effekten auch die Auswirkung auf das Verhalten der Betroffenen zu berücksichtigen!

Diese Forderung der Organisationsentwicklung ist sichtlich ein Erbe des Human Relations-Ansatzes. Die Organisatoren der klassischen Organisationslehre haben sich wenig Gedanken darüber gemacht, wie denn die Mitglieder auf Änderungen der Strukturen reagieren würden. Doch inzwischen hat man erkannt, dass die Motivation und Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter auch positive ökonomische Effekte hervorbringen können, daher erscheint die dritte Voraussetzung auch bei grundsätzlich tayloristischer Gesinnung von einigem Sinn zu sein.

4.4. Vierte Voraussetzung: Projektmanagement

Um die Mitglieder, die Führungskräfte und die Experten einer Organisation zur Zusammenarbeit zu bewegen, sind temporäre Einrichtungen wie z.B. Projektorganisationen von Nöten!

Diese Forderung erinnert stark an die Betroffenenbeteiligung. Auch hier geht es darum, durch Formalismen die Legitimation des partizipativen Gestaltungsprozesses dahin gehend abzusichern, dass die asymmetrische Machtverteilung in der Organisation der unbändigen Manipulation nicht Tor und Fenster öffnet.

4.5. Fünfte Voraussetzung: teamfähiges Verhalten

Die an der Reorganisation Beteiligten müssen zu teamfähigem Verhalten fähig sein, um machtpolitische Bestrebungen einzuschränken!

Diese Forderung liegt erneut auf der Linie der ersten und vierten Voraussetzung. Doch statt Formalismen vorzugeben, wird hier direkt das Verhalten der Mitglieder einer Organisation im positiven Sinne manipuliert. Wie bereits früher erwähnt, war dies die ursprüngliche Absicht des Ansatzes der Organisationsentwicklung, und kann durch entsprechende Schulung erreicht werden.

5. Methoden und Instrumente der strukturellen Organisationsentwicklung

Die nun folgende Liste von Bausteinen, die helfen sollen, die einzelnen Phasen der Organisationsentwicklung gemäss ihrer Voraussetzungen (v.a. die zweite Voraussetzung!) zu erfüllen, erhebt keinerlei Anspruch auf Vollständigkeit. Für einen kompletten Baukasten sind in Zukunft noch viele Bausteine weiter zu entwickeln.

5.1. Teamkonzept als Basis

Allgemein können die Instrumente im Rahmen eines Konzepts von Heinz Schnelle eingesetzt werden, welches besonders die vierte und fünfte Voraussetzung der Organisationsentwicklung 5 berücksichtigt. Das sogenannte Teamkonzept sieht dazu eine spezielle Projektorganisation vor, die sich v.a. zur Organisationsentwicklung eignet.

Es werden dabei die folgenden Gruppen unterschieden:

  • Entscheidungsgruppe: Diese Gruppe besteht aus Managern und Repräsentanten der Planungsgruppe. Sie trifft alle Entscheidungen, wobei die jeweiligen Kompetenzen vorher genau festgelegt wurden. Die Entscheidungsvorschläge erhält sie von der Planungsgruppe.
  • Planungsgruppe: Diese Gruppe besteht aus Repräsentanten der betroffenen Abteilungen. Kommen mehr als acht Personen zusammen, werden Teilteams gebildet. I.d.R. werden die Repräsentanten während der Projektdauer von ihrer normalen Arbeit freigestellt, damit sie sich voll auf das Durchführen der einzelnen Reorganisationsphasen (bis auf die Implementierungsphase) konzentrieren können.
  • Informationsgruppe: Diese Gruppe besteht aus den Betroffenen, die sich in grösseren Abständen trifft, um von der Planungsgruppe über den Reorganisationsprozess informiert zu werden. Sie kann aber auch selbst Vorschläge an die Planungsgruppe weitergeben.

5.2. Instrumente der ersten OE-Phase: Ist-Analyse

Zur Ist-Analyse einer Organisation ist es unverzichtbar zu wissen, wie sich deren derzeitige Struktur auf die Motivation und die Arbeitszufriedenheit der Mitglieder auswirkt.

Als mögliche Erhebungsverfahren bieten sich dazu an:

  • Job-Diagnostic-Survey von Hackman und Oldham: Über einen Fragebogen wird (a) die extrinsische Arbeitszufriedenheit (Bezahlung, Aufstiegsmöglichkeiten, Führung usw.), (b) der realisierbare Grad der Selbstverwirklichung und (c) die intrinsische Arbeitszufriedenheit (Varietät, Identität, Feedback, Autonomie) erhoben.
  • Rating-Skalen.
  • Job-Characteristic-Inventory.
  • ETHICS von Mumford/Weir: Fit-Findung zwischen Aufgabenstruktur und Bedürfnissen.
  • strukturierte Beobachtung.
  • Taylors Gruppeninterview.

Die Organisationsentwicklung verlangt, dass die Befragten vorher wissen, zu welchem Thema sie befragt werden. Ausserdem sind sie an der Interpretation der Ergebnisse - welche die Schwachstellen in der Ist-Organisationsstruktur aufdecken sollen - zu beteiligen.

5.3. Instrumente der zweiten OE-Phase: Zielsetzung und Projektdefinition

In der Ist-Analyse wurden Mängel in der Struktur der Organisation aufgedeckt, die nun durch den Reorganisationsprozess beseitigt werden sollen. Dazu müssen zuvor geeignete Ziele definiert werden, was mit den ersten vier Schritten des BASIC-Verfahrens (Benefit Assessment for System Inter-Change) von Mumford erreicht werden kann:

  1. Identifizierung aller Interessengruppen.
  2. Ziele jeder Interessengruppe bezüglich der Ist-Analyse formulieren.
  3. die Gewichtung der Ziele.
  4. Abschätzung des aktuellen Zielerreichungsgrades und Soll-Ziel-Formulierung.

Wichtig dabei ist, dass sich die verschiedenen Interessengruppen noch nicht auf bestimmte Ziele einigen müssen. Durch die dadurch gegebene Zielvielfalt können alternative Lösungen leichter generiert werden.

5.4. Instrumente der dritten OE-Phase: Generierung alternativer Lösungen

Diese Phase ist von zentraler Bedeutung, damit die Partizipation der Betroffenen realen Einfluss auf die Entscheidungen erlangen kann. Um Grobkonzepte zu generieren, die die aufgestellten Ziele erreichen können, werden für gewöhnlich Kreativitätstechniken wie z.B. Brainstorming oder REFA-Techniken eingesetzt. Bei entsprechender Schulung der Nicht-Experten, die häufig von dem Unternehmen selbst durchzuführen ist, da das Marktangebot in der partizipativen Richtung knapp ist, sind aber auch innovativere Strategien zur Entwicklung alternativer Lösungen möglich, so z.B.:

  • die Technik von Mumford und Weir, bei der aus Problemen zuerst Teilprobleme isoliert werden, zu denen Alternativlösungen gefunden werden sollen. Anschliessend lassen sich diese dann zu alternativen Komplettlösungen kombinieren.
  • die Koordinationsstrategien von Galbraith, die Alternativen daraus schöpfen, dass Koordinationsinstrumente nicht nur z.B. durch Informationssysteme gesteigert werden können, sondern durch erhöhte Autonomie der Stellen, grösseren Ressourcenpool usw. auch reduzierbar sind.
  • die Technik von Hackman und Oldham, die bei jeder organisatorischen Änderung zu klären sucht, in wieweit dies auf den intrinsischen Gehalt der Arbeit wirkt. So steigert die Aufgabenzusammenlegung z.B. die Varietät, mildert dafür aber die Identität, und durch intensivere Output-Abnehmer-Beziehungen lässt sich mehr Feedback realisieren. Hier ergeben sich eine Menge organisatorische Spielräume, die durch alternative Grobkonzepte angegangen werden können.

5.5. Instrumente der vierten OE-Phase: Bewertung der alternativen Grobkonzepte

Die alternativen Grobkonzepte müssen dahin gehend untersucht werden, in wieweit sie die aufgestellten Ziele zu erfüllen vermögen, d.h., der Zielerreichungsgrad jeden Konzepts ist durch die Betroffenen abzuschätzen. Üblicherweise geschieht dies durch Nutzen-Analysen der folgenden Form: Die Kriterien jeder Alternative werden auf ihren Nutzen hin geschätzt, bekommen also einen Punktwert (z.B. von 1 bis 5) zugewiesen. Diese Punkte werden gewichtet und pro Alternative aufaddiert. Auf diese Weise erhält man am Ende einen "objektivierten" Punktesieger.

Diese Technik kann allerdings noch verbessert werden, wie die letzten Schritte des BASIC-Verfahrens zeigen. Um die Subjektivität bei der Punktevergabe zu mildern, werden pro Alternative jeweils optimistische und pessimistische Punktewertungen abgegeben. Statt eines klaren Punktesiegers gibt es dann mehre gleichwertige Alternativen, was eine Konsensbildung von den verschiedenen Interessengruppen abverlangt.

Generell lässt sich zu solchen Punktesystemen sagen, dass sie die subjektive Bewertungsart in gewisser Weise objektivieren können, dass sie dabei aber mehr Wissenschaftlichkeit vorgeben, als ihnen zusteht.

5.6. Instrumente der fünften OE-Phase: Implementierung eines Konzepts

In der vierten OE-Phase wurde ein Grobkonzept ausgewählt - nach Schnelle von der Planungsgruppe. Nun liegt es bei der Entscheidungsgruppe, dieses Grobkonzept zu detaillieren und anschliessend zu implementieren. Spezielle OE-Instrumente sind hierbei nicht von Nöten, denn die Rolle der Betroffenen beschränkt sich in dieser Phase weitgehend auf die der kritischen Beobachter; die eigentliche Implementierung obliegt den Organisationsexperten.

6. Schlussbetrachtung

In dieser Arbeit wurde gezeigt, dass die Organisationsstruktur Einfluss auf das Verhalten der Organisationsmitglieder hat. Will man also das Verhalten der Mitglieder dauerhaft ändern, so macht dies eine Änderung der Strukturen nötig.

Eine strukturelle Organisationsentwicklung kann bei der Gestaltung nicht von absoluten Empfehlungen ausgehen, sondern ist abhängig davon, dass es Gestaltungsspielräume gibt. Wie wir gesehen haben, sind diese stets gegeben.

Damit machtpolitische Bestrebungen eine Partizipation der Betroffenen an Gestaltungsprozessen nicht untergraben können, müssen formale Regeln/Absicherungen geschaffen werden, um diese zu unterbinden. Solche Formalismen können z.B. Projektorganisationen sein, die ihrerseits wiederum bestimmte Instrumente und Methoden verlangen, um effektiv sein zu können. Wir haben für alle fünf Phasen der Reorganisation solche Instrumente kennengelernt.

Natürlich verhindern auch diese formalen Massnahmen nicht vollständig, dass die Partizipation der Betroffenen Restriktionen unterliegt. V.a. erlauben die in den ökonomischen und sozialen Wissenschaften zwangsläufig unexakten Methoden immer Manipulationen, die der jeweils Mächtigere für sich ausnutzen kann. Anderseits verspricht das Konzept der strukturellen Organisationsentwicklung einigen Erfolg - wirtschaftlich wie human -, sodass man sich für die Zukunft nur wünschen kann, dass Experten, Führungskräfte und Betroffene zu einer grundsätzlichen Vertrautheit finden können, die dem Ansatz der Organisationsentwicklung der partizipativen Gestaltung reale Chancen einräumt.