Das familiär-fraktale Organisationsmodell II

Geschwurbel von Daniel Schwamm (09.07.1994 bis 21.07.1994)

Inhalt

1. Esthers Vision als sozial-wirtschaftliches Umfeld

Esther Vilars Vision von der 25-Stunden-Woche bzw. 5-Stunden-Gesellschaft ist keine Notwendigkeit für die Implementation und Realisation des familiär-fraktalen Organisationsmodells (ffOM). Da eine Verwirklichung dieser Vision jedoch viele positive Effekte für sich beanspruchen kann - allen voran die potenzielle Chance, dass jeder Arbeitnehmer einen Arbeitsplatz innehat, es also keine Arbeitslosen mehr zu geben braucht -, erscheint sie uns mehr als würdig genug, um als Rahmenvorstellung für die Idee der familiär-fraktalen Organisationen zu dienen, zumal uns diese Arbeit Raum und Gelegenheit gibt, sie noch um ein paar zusätzliche, interessante Aspekte zu bereichern.

In den folgenden Abschnitten werden wir daher kurz auf die Charakteristik von Esthers Vision eingehen, ohne uns dabei auf eine Diskussion bezüglich der Durchführbarkeit einzulassen, da dies an anderer Stelle bereits hinreichend geschehen ist (siehe "Esthers Vision" vom 31.05.1994).

1.1. Jugendausbildung

Die 5-Stunden-Gesellschaft sieht Folgendes für die Jugend vor:

  • Kinder bis 16 Jahre erhalten ein staatliches Kindergeld, benötigen also keine finanzielle Unterstützung durch die Eltern. Jeder kann sich dadurch Kinder leisten.
  • Eltern können bei vollem Lohnausgleich ein Baby-Jahr in Anspruch nehmen und sich im wichtigen ersten Lebensjahr intensiv um ihren Nachwuchs kümmern.
  • Es gibt keine Ganztagskindergärten bzw. Ganztagsschulen mehr. Der Unterricht dauert nur 5 Stunden am Tag.
  • Anerkennung, dass Fehler zum Leben gehören, ja, das sie sogar der effektivste Weg sind etwas zu lernen. Daher sollten alle zum Experimentieren aufgefordert werden, wobei den Erfolglosen die grösste Aufmerksamkeit gewidmet wird. Immerhin ist Trial-and-Error auch der Weg, über den Kinder das selbständige Laufen lernen (eine Leistung, zu dem übertrieben rationale Erwachsene kaum mehr fähig wären - niemand versucht schliesslich die Welt zu umsegeln, wenn er glaubt, dass die Erde eine Scheibe ist)!
  • Das Einzelkämpfertum sollte schulisch nicht unbedingt gefördert werden. Auch wenn Individualismus eine wünschenswerte Charaktereigenschaft ist, sollte sie nicht die Möglichkeiten zur Gruppenarbeit reduzieren, da Teamwork - Familienarbeit - das Konzept der Zukunft ist, um Probleme zu lösen, da sie Gruppen ein grösseres Problemlösungspotenzial besitzen als Individuen.

1.2. Berufsausbildung

Die 5-Stunden-Gesellschaft sieht Folgendes für die Ausbildung vor:

  • Universitäten arbeiten im 5-Stunden-Turnus, wodurch sich die Ausbildungskapazität pro Lehrstuhl verdoppeln lässt, da ein Professor am Morgen, der andere am Mittag lehrt.
  • Professoren treten in Konkurrenz zueinander, da sie nach Studentenzahl bezahlt werden. Dadurch steigt die Qualität der Ausbildung.
  • Die Semesterferien gleichen sich den normalen Urlaubszeiten an.
  • Es gibt trotz hoher Arbeitslosenzahlen genügend Arbeit für alle, denn v.a. im sozialen Bereich werden Arbeitskräfte benötigt. Für diese Arbeiten fehlt es aber an Ausbildungsplätzen, sie ist niedrig angesehen und die Verdienstmöglichkeiten sind schlecht. Diese Umstände müssen durch massive Werbung geändert werden, v.a. muss Sozialarbeit an Status im Wertesystem zulegen.

1.3. Berufsausübung

Die 5-Stunden-Gesellschaft sieht Folgendes für die Berufsausübung vor:

  • Jeder Arbeitnehmer kann seine Pensionsgrenzen individuell festlegen. Bei Leistungsabfall kann er jedoch durchaus auch vorzeitig entlassen werden.
  • Die Arbeitszeit beträgt nur noch 5 Stunden. Das spart firmeneigene Kantinen und räumt Alten, Frauen und Arbeitslosen in den Betrieben Arbeitsplätze ein. Der Verdienst sinkt entsprechend. Da jedoch beide - Mann und Frau - arbeiten und die Kinder Kindergeld erhalten, muss niemand Armut leiden.
  • Wem 5 Stunden Arbeit zu wenig sind, kann sich selbstständig machen.
  • Arbeitnehmer verlieren ihr Recht auf gleichwertige Arbeit im Entlassungsfall. Dafür erhalten sie jedoch ein Recht auf Umschulung. Dadurch lässt sich die Arbeitslosenzahl reduzieren.
  • Überstunden und Schwarzarbeit sind nachdrücklich verboten, da sie dem System der 5-Stunden-Gesellschaft Schaden zufügen.
  • Schichtarbeit wird sich z.T. nicht vermeiden lassen. Allerdings werden Ressourcen durch 2 x 5 Stunden besser genutzt, als durch 1 x 8 Stunden am Tag. In der Folge wird die Produktivität insgesamt steigen.

2. Einordnung der familiär-fraktalen Organisation in die Organisationstheorien

Wir wollen im Folgenden sehen, inwieweit das ffOM Elemente diverser Organisationstheorien enthält.

2.1. Bürokratiemodell

Max Weber stellte heraus, dass durch den Prozess der Rationalisierung auf Ebene der Institutionen sich die Bürokratie als das einzige legale Herrschaftssystem herausgebildet hat. Sie ist gekennzeichnet durch personenunabhängige Ämter, normierte Amtsführung, Aktenmässigkeit aller Vorgänge und eine Top-down-Hierarchie. Die Voraussetzungen dafür finden wir noch heute: Es gibt eine Geldwirtschaft und der Staat übernimmt soziale Pflichten gegen Steuern.

Die Bürokratie-Elemente finden wir im ffOM wieder, jedoch in abgewandelter Ausprägung. Die Ämter wurden zu Rollen, die also weiterhin unabhängig von Personen sind, um mehr sachliche, als politische Energie entfalten zu können. Die Amtsführung ist aber nicht (schriftlich) fixiert, sondern ergibt sich aus der Gruppenarbeit bzw. der übergeordneten Funktion (Mutter, Vater und Kind). Die Aktenmässigkeit ist über ein automatisch-integratives Informationsmanagement (IM) gegeben, welches schneller und flexibler als konventionelle Aktendokumentationssysteme arbeitet. Und die Hierarchie unterstützt das Gegenstrom-Prinzip (siehe dynamisch-strukturelle Organisationsentwicklung (OE)).

Weber befürchtete, Bürokratien würden unweigerlich zu "starren Käfigen" werden, weil sie im Konflikt mit der Rationalisierung auf Ebene der persönlichen Lebensführung liegen. Marcuse befürchtete darüber hinaus "eindimensionale Menschen", denen nur ein charismatischer Führer an der Spitze die Menschlichkeit und Eigenverantwortung zurückbringen könnte. Dieser charismatische Führer ist im ffOM nicht nötig, im Gegenteil: Um den ffOM-Teilnehmern Verantwortung zu vermitteln, genügt es, auf Delegation und Gruppenarbeit zu setzen. Auch zu dem von Weber befürchtete Konflikt zwischen Experten und Bürokraten muss es nicht kommen, denn im ffOM gibt es weder das eine noch das andere in Reinform; dort ist die einzige beibehaltene Experten-Abteilung, das Informationsmanagement, in alle Familien mit mindestens einem Kind vertreten (Integrationskonzept). Ein ständiges BPR-Controlling (Business Process Reengineering) garantiert, dass Stellen nicht nach dem Parkinsonschen Gesetz (eine Arbeit erscheint umso wichtiger, je mehr Zeit dafür zur Verfügung steht) quasi von selbst entstehen und die Organisation damit unnötig aufblähen.

2.2. Managementlehre

Wie die Managementlehre ist das ffOM normativ und also wertgeladen. Allerdings schlägt es Prinzipien wie das Zweiliniensystem, Gruppenarbeit, einheitliche Koordination in jeder Familie usw. vor, ohne auf empirische Evidenz verweisen zu können. Diese Gestaltungsvorschläge sind "Kopfgeburten" der familiär-fraktalen Organisationstheorie. Dadurch kann man dem ffOM auch keine Vergangenheitsorientierung vorwerfen, wie der Managementlehre; das ffOM ist de facto innovativ und läuft vielen alten Organisationsprinzipien wie Spezialisierung, Kontrolle, funktionale Organisationsstrukturen usw. entgegen!

2.3. Taylorismus

Mit den Taylorismus hat das ffOM nicht viel gemeinsam, denn v.a. muss es Taylors Prämissen ablehnen. Nicht alle Arbeiter sind faul, Ingenieure sind keine besonderen Menschen, Arbeiter sind nicht nur extrinsisch zu motivieren usw. Auch das Vorgehen Taylors muss abgelehnt werden: Aufgrund seiner falschen Prämissen entwickelte Taylor Experimente, um Hypothesen für optimale Strukturen präsentieren zu können, d.h. er verfügte im Gegensatz zum ffOM über keine theoretische Basis! Das Funktionsmeisterprinzip taucht in rudimentärer Form als Eltern im ffOM auf. Ebenso werden Eignungsgedanken - der richtige Mann am richtigen Platz - auch im ffOM beachtet (allerdings nicht nur unter dem Leistungsaspekt). Die strenge Spezialisierung und die Trennung von Kopf- und Handarbeit jedoch kann im ffOM nicht greifen.

2.4. Human Relations-Ansatz

Obwohl in vielen Punkten dem Taylorismus genau entgegengerichtet, kann der Human Relations-Ansatz (HR) dennoch auf Erfolge vorweisen. Daraus wird deutlich, wie einschränkend die Prämissen Taylors wirken, wenn man in dem Rahmen, den sie vorgeben, durch Experimente die beste Organisationsstruktur bestimmen will. Der HR-Ansatz zeigte, welche grosse Wirkung Beziehungen zwischen Individuen auf das Verhalten einzelner Individuen hat. Dies gilt besonders zwischen Gruppen und Vorgesetzten. Statt reichhaltige Arbeit und Selbstregulation zu propagieren, setzte die HR-Bewegung auf sachorientierte und beziehungsorientierte Führung. Bei der Wichtigkeit von (personaler) Arbeitszufriedenheit (AZ) und Gruppenarbeit stimmt das ffOM der HR-Bewegung zu, den Führertyp des "Machers" duldet es jedoch nur in wenigen Ausnahmefällen. Es setzt auf intrinsisch motivierende Arbeit, verleugnet aber auch extrinsische Motivation nicht völlig (wie R.K. Sprenger und der HR-Ansatz), und propagiert den Führertyp des "Beraters", der so viel delegiert wie möglich.

Hugo Münsterbergs Eignungstests finden Eingang in das ffOM, genauso wie das Konzept der Organisationsentwicklung (OE), dieses jedoch in der abgewandelten Form der dynamisch-strukturellen OE. Dazu später mehr.

2.5. Verhaltenswissenschaftliche Entscheidungstheorie

Vielen Prämissen dieser Theorie kann das ffOM zustimmen: Menschen besitzen eine begrenzte Informationsverarbeitungskapazität (Gegensatz zur Neoklassik), es gibt im Menschen eine Organisationspersönlichkeit und eine Privatpersönlichkeit, die Organisation funktioniert auch nach dem Austausch von Personen und durch den Informationsvorsprung kommt es zu einer Herrschaft von unten. Um der mangelnden Rationalität entgegenzuwirken, arbeiten Menschen in Gruppen (Familien) und nach Plänen bzw. Programmen, benutzen Standards und akzeptieren Herrschaft. Es gibt eine Indifferenzzone, die über den Weg-Ziel-Ansatz verkleinert werden muss (siehe Attribution der Geführten). Beim Eintritt in ein Unternehmen findet eine Entpersönlichung statt, beim ffOM z.B. bedingt durch die Familiennormen, weniger durch formale Regeln. Es gibt regelrechte Zielbildungsprozesse (im ffOM auch von unten nach oben, wodurch die Herrschaft von unten betont wird). Und Organisationen können lernen.

Auch die Erweiterungen der verhaltenswissenschaftlichen Entscheidungstheorie können die Aufnahme diverser Elemente im ffOM erklären. So betont das sogenannte Mülleimer-Modell (1972 von Cohen, March, Olsen), dass in "organisierten Anarchien" noch weniger rational vorgegangen werden kann, als in "normalen" Situationen. Vielmehr kommt es darauf an, hartnäckig immer wieder Energie auf die Lösung eines Problems zu verwenden oder den richtigen Zeitpunkt dafür abzupassen. Irgendwann treffen Problem und Lösung schon aufeinander. Oder das Problem "flieht" in einen anderen Problembereich. Allerdings kann es sein, dass jemand viel Vorarbeit geleistet hat, dann aber bei der Lösung des Problems durch einen anderen u.U. nichts vom Ruhm abbekommt. Im ffOM stellt dies kein Problem dar, weil dort auf Kooperation und generelle Gruppenverantwortlichkeit gesetzt wird; Erfolge werden gemeinsam gefeiert, genauso wie Misserfolge gemeinsam bedauert werden. Was uns am Mülleimer-Modell stört, ist die behauptete Zufälligkeit, mit der Lösung und Problem angeblich aufeinander treffen. Wir glauben eher daran, dass diese Ströme politisch geführt werden.

James G. Marchs Idee von der "Technology of Foolishness", die Ad-hoc-Entscheidungen propagiert, befindet sich ebenfalls auf der Linie vom ffOM. Da dort die weitreichende Objektorientierung (siehe Rationalisierung) die Komplexität von Vorgängen stark reduziert hat, sind ein wesentlicher Teil aller Entscheidungen im ffOM Ad-hoc-Entscheidungen! Umfangreiche Planungssysteme setzen eine Zeitstabilitätshypothese voraus, an die wir nicht so recht glauben wollen. Auch die Erweiterung von William Starbuck, die dem Rationalismus die Intuition entgegenhält, wollen wir zumindest partiell beachten. Gerade im Bereich der Forschung und Entwicklung, in dem Innovationen wichtiger sind als überall sonst, sollte den Familien Mut zum (irrationalen) Experimentieren gemacht werden.

2.6. Situativer Ansatz

Der Situative Ansatz rechnet den Strukturen im Bezug auf den Erfolg von Unternehmen grosses Gewicht bei. Die Entscheidungstheorie und das ffOM halten dagegen die Strategie, d.h. die Entscheidungsprozesse, für ausschlaggebender für den Erfolg von Unternehmen! Wie der Taylorismus kann der Situativer Ansatz keine Gestaltungsvorschläge machen, die sich aus einer Theorie "gebären" lassen. Seinen Prämissen können wir ebenfalls nicht zustimmen, denn es gibt nicht nur einen Fit pro Situation und Struktur bzw. zwischen Struktur und Verhalten, Organisationen können definitiv auf die Umwelt einwirken, und es muss nicht zu Quantensprüngen im Sinne von Mintzberg (1991) kommen, wenn sich die Situation einer Organisation ändert. "Beweis": Im ffOM werden alternative Grobkonzepte vorgeschlagen, die pro Situation mehrere Strukturen empfehlen. Langfristige Verträge, informelle Kanäle, Bestechung, Vetternwirtschaft usw. sind gebräuchliche Mittel, über die die Umwelt im Sinne der Organisation geändert werden kann. Und das ffOM unterliegt einem laufenden BPR-Controlling, wodurch es sich sofort flexible an jede Umweltänderung anpasst; dies geschieht im Kleinen, von Quantensprüngen kann also keine Rede sein.

Sinnvoll erscheint uns die Erweiterung des Situativer Ansatz um das strategische Wahlkonzept zu sein, welches eine Fit zwischen Strategie und Struktur fordert. So lange man nicht darauf besteht, dass dieser Fit nur in einer optimalen Ausprägung existiert, können wir dem nur beipflichten, deutet diese Forderung doch schon an, dass es weniger auf die formalen Strukturen, als auf deren intersubjektiver Interpretation ankommt!

2.7. Verfügungsrechte-Theorie

Diese Theorie besagt, dass Ressourcen umso effizienter gebraucht werden, desto unverdünnter die Verfügungsrechte darauf verteilt sind (verdünnt sind die Property Rights z.B., wenn man ein Haus zwar besitzt, es aber nicht umbauen darf, weil es unter Denkmalschutz steht => effektiver Nutzwert < formaler Nutzwert). Zentrale These: Privatbesitz wird effektiver genutzt als öffentlicher Besitz, denn Letzterer leidet u.a. unter externen Effekten wie Raubbau und Ausbeutung, d.h., Gewinne werden privatisiert, Kosten dagegen sozialisiert.

Diesen Gedanken der eingeschränkten Zugriffsmöglichkeiten auf Ressourcen, um deren Effizienz zu erhöhen, macht sich auch das ffOM zu Nutzen. So darf keiner Familie ein Kind genommen werden, jeder Geschäftsprozessbereich verfügt über eigene Maschinen, jede Familie über eigene Rechnerressourcen usw.; dieses Exklusiv-Recht darf niemals verletzt werden, aber es kann aufgrund des Kooperationsgedankens des familiär-fraktalen Organisationsmodells u.U. eine Einwilligung des Ressourcenhalters erwartet werden.

Auch das Innovationsverhalten wird im ffOM unter Beachtung der Verfügungsrechte-Theorie gesteigert: Patentreife Erfindungen werden mit Gewinnanteilen für die ganze Familie versüsst, die ihr Produkt zudem auch noch selbst anderen vorstellen darf (nach dem Familienkulturwert: "Ehre, wem Ehre gebührt!"). Das Menschenbild des Nutzenmaximierers kann akzeptiert werden, weil hier nicht nur monetärer Nutzen im Vordergrund steht, weil es bei angepasster Struktur bzw. Strategie funktional ist, und weil es nicht zuletzt vor Blauäugigkeit schützt. Gleichfalls kann der Verfügungsrechte-Theorie zugestimmt werden, wenn sie behauptet, dass die Verteilung der Verfügungsrechte mit Transaktionskosten verbunden ist (z.B. Vertragsaushandlungskosten).

2.8. Agentur-Theorie

Die Theorie weist daraufhin, dass zwischen Auftraggeber (Principal) und Auftragsempfänger (Agent) eine Informations- und Interessenasymmetrie herrscht. Aus diesem Grund muss über Verträge (wir zählen hierzu auch Absprachen) gesichert werden, dass beide Parteien zu ihrem Recht kommen. An Verträge gekoppelt sind Agenturkosten, die durch Anreizsysteme, Kontrollsysteme und Informationssysteme entstehen sowie durch Garantie- und Residualkosten, die den Prinzipal vor Hidden Action und Hidden Information des Agenten schützen sollen. Die Agenturtheorie macht konkrete Vorschläge, wie diesen Agenturproblemen begegnet werden kann: Durch eine effiziente Anreizgestaltung (im ffOM ist es Sache der Mutter, hierfür ein geeignetes transparentes Belohnungssystem zu finden), durch eine Verhaltenssteuerung per Direktive (wird vom ffOM rigoros abgelehnt), und durch eine Verbesserung des Informationssystems (das integrative IM des ffOM hat dafür zu sorgen, dass das Informationsnetz transparent bleibt).

Die Agenturtheorie kommt immer dann zum Tragen, wenn delegiert wird - und dieses wird im ffOM reichlich getan. Der vertragliche Charakter zwischen Eltern und Kindergruppe hebt dabei noch einmal die Unpersönlichkeit dieser Beziehung hervor (alle Kinder werden gleichbehandelt, Privilegien sind "Vertragsbruch"), aber auch die Ergebnisorientierung zwischen den Hierarchiestufen. Die Verträge gelten in beide Richtungen; im ffOM sind auch die Kinder Principals, die auf den Informationsvorsprung der Eltern bauen, falls sie nicht mehr weiter wissen. Die Mutter fungiert dabei als eine Art Kontrollinstanz der Kinder über den Vater (ähnlich wie ein Wirtschaftsprüfer zwischen Eignern und Managern).

Leider übersieht die Agenturtheorie, dass die in den Verträgen ausgehandelten Ziele variieren können, bevor das Ergebnis vorliegt. Solchen Zieländerungen muss mit Vertragsänderungen Rechnung getragen werden, was Ex-Post-Agentur-Kosten verursacht. In Erweiterungen wie der mehrperiodigen Agentur-Theorie wird dies beachtet. Die Multiagenten-Theorie verdeutlicht, dass ein Prinzipal auch mehrere Agenten mit der gleichen Aufgabe betreuen kann, wobei dann Trittbrettverhalten als Problem identifiziert wird. Angesichts des kollegialen Charakters des familiär-fraktalen Organisationsmodells stellt dies jedoch erst ein Problem dar, wenn durch die Kopiererei Innovationskraft verloren geht und suboptimale Lösungen zustande kommen.

2.9. Transaktionskosten-Theorie

Die Transaktionskosten-Theorie (TK-Theorie) ist ungemein komplex. Sie behandelt neben den Ex-ante-Transaktionskosten durch die Vertragsgestaltung auch die Ex-post-Kosten von Vertragsänderungen. Sie betont den Prozesscharakter von ökonomischen Austauschvorgängen. Im Führungsmodell des ffOM findet diese Haltung in der Vorgesetzten-Attribution des Ablaufs und der Geführten-Attribution ihren Widerhall.

Die Kosten des institutionellen Arrangements (d.h. des Vertrags) für eine bestimmte Transaktion setzen sich laut TK-Theorie folgendermassen zusammen:

Gesamtkosten = Ex ante TK + Ex post TK + Produktionskosten.

Verträge besitzen dabei folgende Kostencharakteristik: Sie erzeugen umso mehr TK, je genauer das Anreizsystem, das Kontrollsystem und/oder die implizite Anpassungsfähigkeit gestaltet werden. Bezüglich der Vertragsform gilt: Marktverträge müssen viel Anreiz bieten, aber nicht kontrollierbar und anpassungsfähig sein (bei Missfallen wechselt man hier einfach zur Konkurrenz); organisationsinterne Verträge verlaufen genau umgekehrt, und Hybridverträge liegen dazwischen.

Auch die Transaktionsarten besitzen eine eigene Kostencharakteristik:

  • Häufigkeit senkt die TK und Produktions-Kosten durch Skalen-Effekte.
  • Unsicherheit in der Situation (kein Ausweichkonkurrent vorhanden) und/oder der Person (potenzieller Erpresser) lässt die Produktions-Kosten unberührt, erhöht aber die TK, weil durch sie mehr Kontrolle nötig wird.
  • Transaktionsspezifische Investitionen wie die Verlagerung der Produktionsstätte an den Beschaffungsmarkt, spezielle Schulungsmassnahmen oder die Einrichtung von JIT-Systemen, senken die Produktionskosten (weniger Lagerkosten), erhöhen aber die TK, da die Abhängigkeit vom Vertragspartner grösser ist und man ihn durch entsprechende Anreize bei der Stange halten muss.

Für das ffOM wird die Transaktionskosten-Theorie im Wesentlichen erst dann interessant, wenn es um die Themenkreise Eigen- oder Fremdproduktion, Outsourcing, Divisionalisierung, Franchising, Joint Ventures, usw. geht. Die TK-Theorie kann helfen, das für jede Transaktionsart beste institutionelle Arrangement zu bestimmen.

2.10. Evolutionstheoretische Ansätze

Die Betonung liegt bei diesen Ansätzen auf der Umwelt, die zu komplex ist, als dass sie von Managern rational angegangen werden könnten. Wenn man die Rationalität alleine auf die Manager beschränkt, dann stimmt das ffOM dem zu; aber im dynamisch-strukturellen OE-Konzept können auch die Kinder bei der Strategie mitbestimmen, d.h., Organisationen können der Komplexität der Umwelt letztlich doch mit Rationalität begegnen! Eine familiär-fraktale Organisation wird nicht passiv vom Markt ausselektiert, weil sie alleine bei ihrer Gründung zu Mutationen fähig ist (durch Kopierfehler), oder, weil sie zu träge reagiert, aufgrund von Sunk-costs-Effekten, schlechten Informationssystemen, unflexiblen Akteuren und/oder unüberwindbarer Markteintritts-Barrieren. Das ffOM ist anpassungsfähig, es mutiert laufend (interne Evolution; Gegensatz zu Hannan/Freeman) und es ändert sich im Wesentlichen aufgrund rationaler Überlegungen. Wenn eine familiär-fraktale Organisation ausselektiert wird, dann durch politische Aktivitäten (die die evolutionstheoretischen Ansätze offenbar nicht wahrhaben wollen), und nicht aufgrund eines degenerativen Compools.

Die evolutionären Ansätze unterschätzen zwar das Rationalisierungspotenzial von Unternehmen, dennoch stimmen wir ihnen zu, wenn sie von zu starker Diversifizierung abraten, da dies mit einer "Verwässerung" des Compools einhergehe. Besser ist es, auch unserer Meinung nach, ein ffOM konzentriert sich auf sein Kerngeschäft, und sitzt Krisen in diesem Bereich geduldig aus; der nächste Aufschwung kommt bestimmt! Dieser Aspekt spielt z.B. auch beim Outsourcing eine Rolle.

Karl E. Weicks Erweiterung enthält ein paar Ideen, die ihren Eingang ins ffOM gefunden haben. So rät er u.a. von einem ausgeprägten Formalismus ab, da dieser das System unnötig deflexibilisiere. Seinem Motto "Keine Paralyse durch zu viel Analyse!" schliessen wir uns hundertprozentig an.

Der St. Galler Ansatz behauptet, dass Regeln mehr spontan, als rational entstehen. Dies ist nach unserem subjektiven Empfinden wahr. Gerade in Gruppenarbeit bilden sich Verhaltensschemata und Gruppennormen in einem Prozess der Selbstorganisation heraus, die das Miteinander erleichtern. Man darf aber nicht vergessen, dass für eine solche Selbstregulation meistens rational geschaffene Rahmenbedingungen gegeben sein müssen, denn sonst besteht die Gefahr von Anarchie. Immerhin betont Hans Ulrich damit die Selbstorganisationsfähigkeit von Gruppen, der wir uns im ffOM anschliessen wollen.

Werner Kirschs Ansatz ähnelt eher dem Mülleimer-Modell der verhaltensorientierten Entscheidungstheorie, als einem evolutionstheoretischen Ansatz. Wiederum ist die Umwelt zu komplex, um beherrschbar zu sein (dem stimmt das ffOM so nicht zu), und das Lösen von Problemen ist eine zeitkritische Angelegenheit (dem stimmt das ffOM zu). Dem Interessenpluralismus im Unternehmen soll mit kommunikativem Handeln (nach Jürgen Habermas) begegnet werden, was aber auf eine Lawine von Beteiligten hinausläuft, die jede Konsensfindung unmöglich macht.

3. Die familiär-fraktale Organisationsstruktur

Die Organisationsstrukturen des familiär-fraktalen Organisationsmodell verschiedener Ordnung lassen sich grafisch folgendermassen wiedergeben:

Familien 1. fraktaler Ordnung:

Vater/1       Mutter/1
       Kind/1

Familien 2. fraktaler Ordnung:

       Vater/2:                          Mutter/2:
Vater/1        Mutter/1           Vater/1         Mutter/1
       Kind/1                            Kind/1

                        Kind/2:
                 Vater/1       Mutter/1
                        Kind/1

Familien 3. fraktaler Ordnung:

       Vater/3:                               Mutter/3:
Vater/2        Mutter/2                Vater/2         Mutter/2
       Kind/2                                 Kind/2
                         Kind/3:
                  Vater/2       Mutter/2
                         Kind/2

3.1. Spezialisierungsdimension

3.1.1. Stellen

  • Statt von Stellen reden wir im ffOM von Rollen, um auszudrücken, dass die Arbeitsteilung weniger formal als interpersonal fundiert ist. Es gibt Vater-, Mutter- oder Kinderrollen.
  • Vater und Mutter sind die Instanzen der Familie, wobei der Vater mehr das technische und die Mutter mehr das sozioemotionale Umfeld bearbeitet. Die Kinder sind die ausführenden Kräfte.
  • Tendenziell sind Vater- und Mutter-Rollen eher professionalisiert (qualifiziert), während Kinder-Rollen spezialisiert (dequalifiziert) oder professionalisiert sind.
  • Achtung! Da Stellenbeschreibungen im ffOM fehlen, ist der Grad der Spezialisierung nur schwer zu operationalisieren. Besonders Vergleiche zwischen Rollen sind kaum möglich, da es kaum zwei identische Rollen im Unternehmen gibt, trotz des Standardrahmens, den die Rollenbezeichnungen vorgeben.

3.1.2. Abteilungen

  • Statt von Abteilungen reden wir im ffOM von Familien. Jede Familie besteht aus mindestens drei Rollen. Jede Familie repräsentiert eine Rolle einer Familie höherer Ordnung.
  • Die Zusammensetzung v.a. der Kinder kann - wie bei Abteilungsbildung üblich - unter Homogenitätsbedingungen erfolgen, die die interne Kommunikation erleichtern. Jedoch gerade innovative Familien rekrutieren sich aus möglichst unterschiedliche Rollencharaktere. In diesem Falle muss auf die Kräfte der Selbstregulation vertraut werden, was allerdings hohe Qualifikation voraussetzt.
  • Familien können alternativ nach der Verrichtung oder den Objekten (weitergehend: Kunden, Produkte, Regionen) gebildet werden. Die Festlegung auf nur ein Prinzip würde die Gestaltungsspielräume nur unnötig einschränken. Durch die Kapselung der Familien wirkt sich die interne Organisation der Familie ja auch nur wenig auf die äussere Organisation (Familien höherer Ordnung) aus. Was zählt sind die Ergebnisse, die die Familien jeder Ordnung erbringen.

3.2. Konfigurationsdimension

  • Stabsabteilungen im eigentlichen Sinne werden nicht benötigt im ffOM Stabsarbeiten werden von Vätern bzw. Müttern einer Familie selbst erledigt, bzw. bekommen sie von den Kindern der übergeordneten Familie vermittelt. Die Väter haben Weisungsbefugnisse und die die Mütter mithilfe der Kinder ebenfalls; beim ffOM gibt es keine frustrierten, weil machtlosen, Stäbe mehr.
  • Das ffOM propagiert ein durchgehendes Zweiliniensystem und befindet sich damit zwischen den Positionen Fayols und Taylors (Funktionsmeister-Prinzip). Die Verantwortung bleibt durch die rollenbedingte Trennung von Technik und Sozialität ohne Ambiguitäten.
  • Statt von Leitungsspanne wollen wir im ffOM von Kommunikationsspanne reden, da mehr Feedback-Koordination als Vorab-Koordination betrieben werden sollte. Da der ausserfamiliäre Kontakt minimiert sein sollte, kann die Kommunikationsspanne sehr gross werden, was auf eine schlanke Struktur hinausläuft.
  • Über die Schnittstellen verläuft der Informationsfluss und - in Ausnahmefällen - der "Instruktionsfluss". Der Austausch verläuft innerhalb von Familien genauso wie zwischen den Familien, also den Familien gleicher oder höherer Ordnung.
  • Die Kinder(-Familien) gleichen Projekt- bzw. Produktmanagements, da bei ihnen die Selbstabstimmung als wesentliches Koordinationsinstrument institutionalisiert ist (allerdings dauerhaft wie bei Produktkomitees). Je nach Prozessorientierung des Vaters kann zwischen Einfluss-, Matrix- und reinen Projektmanagement-Kindern unterschieden werden (ein autoritärer Vater verteilt die Arbeit selbst, sodass die Kinder nur wenig Einfluss aufeinander behalten, während der Laissez-faire-Vater die Kinder sich selbst abstimmen lässt).
  • Die laterale Kommunikation von Projektmanagement-Kindern verlangt, dass über Funktionsdiagramme klar abgegrenzt wird, wer welche Kompetenzen innehat, wer also wann die Führung übernehmen darf.
  • Durch die grossen Kommunikationsspannen und die allgemeine Selbstregulation der Familien sind ffOM schlanke Organisationen, besitzen also nur eine geringe Gliederungstiefe (vertikale Spanne). Die fraktalen Ordnungsstufen erlauben mit jeder Dimension einen ungeheuren Zuwachs von Komplexität, sodass drei Stufungen i.d.R. für die meisten Organisationen ausreichen dürften. Erweiterungen sind aber mit nahezu Nullaufwand möglich, denn die ffOM ist völlig unabhängig von der Situation der Grösse!
  • Die Stellenrelation erlebt ein gesundes Verhältnis in ffOM, denn hier wird das Parkinsonsche Gesetz quasi ausgetrickst: Die Verwaltungsstellen können gegenüber ausführenden Stellen nicht im Übermass wachsen, da jede Familie mindestens ein Kind besitzt, welches pro forma immer eine ausführende Stellen einnimmt. Kinder können jederzeit dazukommen, doch neue Instanzen verlangen einen kompletten Dimensionssprung - und ein solcher Schritt muss gut begründet sein! Andererseits machen viele Kinder der Mutter Ärger, weshalb sie sicher mässigend auf den Vater einwirken wird.

3.3. Koordinationsdimension

3.3.1. Persönliches Weisungsinstrument

  • Persönliche Weisung bedeutet Führung (im Gegensatz zur unpersönlichen, technokratischen Führung mittels Programmen und Plänen). Führung hilft, die Organisationsstrukturen zu interpretieren.
  • Persönliche Weisung kommt vor vom Vater zu den Kindern und von den Kindern zur Mutter. Die Mutter verzichtet auf direkte Weisungen auf die Kinder, sondern regelt dies über den Vater.
  • Die ausserfamiliär-hierarchische Kommunikation - Vater(Kind) zu Kind(Vater) bzw. Kind(Vater) zu Mutter(Kind) - kann persönliche Weisung sein.
  • Persönliche Weisung wird vom Vater hauptsächlich als flexible Feedback-Koordination eingesetzt, d.h. als Reaktion auf Störungen, da hier Selbstabstimmung (oder allgemeiner: demokratische Koordination, die nach Robert Michels aber ohnehin immer auf Oligarchien hinauslaufen) zu zeitintensiv wäre. Voraussetzung ist, dass die Zahl der Störungen gering ausfällt.
  • Persönliche Weisungen haben nur Kurzzeit-Charakter, da spontan kaum je alle Folgen abgeschätzt werden können. Der Vater muss dies akzeptieren, damit er zu Revision eigener Weisungen fähig ist.
  • Die Kinder können die Mutter anweisen, auf den Vater einzuwirken, falls dessen Anforderungen zu hoch gestellt sind. Die Mutter kann dann in einem Prozess der Selbstabstimmung neue Ziele mit dem Vater aushandeln, wobei ihr mit den Kindern im Rücken ein Vetorecht zusteht, dem Vater aber nicht.

3.3.2. Programmierungsinstrument und Planungsinstrument

  • Programmierung bzw. Planung ist unpersönlich-technokratisch und in die Organisationsstruktur eingewoben. Die Organisationsstruktur hilft, der Führung einen Rahmen zur Verhaltenssteuerung vorzugeben. Sie dient ebenso der Vorab-Koordination.
  • Programmierung bzw. Planung kommt vom Vater zu den Kindern.
  • Programmierung und Planung sollte nicht zu sehr ins Detail gehen, z.B. genaue Prozessabläufe bis ins Jahr 2000 im Voraus planen. Besser ist, wenn nur die erwarteten Ergebnisse gesetzt werden, wobei sich hier der hoch qualifizierte Vater auf seine Erfahrung verlassen muss.
  • Auch wenn nicht sehr qualitativ programmiert und geplant werden soll, so soll jedoch quantitativ vorgegangen werden. Der Vater gibt viele kleine erwartete Ergebnisse vor; das ist seine funktionell wichtigste Aufgabe. Nur in Störungsfällen greift er aktiv ein (Management by Exceptions).
  • Die Programmierung und Planung soll im ffOM nicht wie üblich dem Kind das Denken abnehmen, sondern ihm im Wesentlichen nur das Ziel vorgeben; sie sind mehr ergebnisorientiert als prozessorientiert zu verstehen (daher sind Pläne wichtiger als Programme, es sei denn, die Programme dienen dazu, dass der Geführte damit Selbstplanung betreiben kann). Allerdings gilt dies nicht in jedem Fall, da niedrig-qualifizierte Kinder oftmals geführt werden wollen. Es obliegt der Mutter, sich diesbezüglich in die Kinder einzufühlen und den Vater entsprechend zu unterrichten. Der Vater wiederum kann eine statische Umwelt bemerken, und daher sinnvolle detaillierte Programme (und Pläne) ausarbeiten. Dann jedoch muss er von Anfang an nur niedrig-qualifizierte Kinder rekrutieren.

3.3.3. Selbstabstimmungsinstrument

  • Selbstabstimmung ist personenorientiert und betrifft daher - wie die persönliche Weisung - die Führung, die hilft, die Organisationsstrukturen zu interpretieren.
  • Selbstabstimmung kommt zwischen Vater und Mutter und zwischen den Kindern statt. Die horizontale bzw. laterale Koordination stellt den Regelfall dar.
  • Welches Kind eine informale Führungsrolle zufällt, hängt vom Inhalt der gestellten Aufgaben ab (themenspezifische Interaktion). Dies funktioniert ähnlich wie beim integrierten Netzwerk von Bartlett. Es ist sinnvoll, diese Kompetenzen bereits im Vorfeld auszudiskutieren, z.B. bei den periodischen Kindertagen (institutionalisierte Interaktion).
  • Um ganzheitlich arbeiten zu können, greift die Selbstabstimmung auch bei individuellen Rolleninhabern (fallweise Interaktion; Eigenplanung). Er verfügt daher über einen möglichst grossen Entscheidungsraum, was durch einen entsprechend grossen Delegationsgrad gewährleistet werden muss.
  • Die Führung innerhalb der Selbstabstimmung zwischen Vater und Mutter hängt davon ab, ob technische oder soziale Bereiche betroffen sind. Allerdings kann die Mutter mit Unterstützung der Kinder auch technische Vorschläge des Vaters blockieren.

3.3.4. Nicht-strukturelle Koordination

  • Organisationsinterne Märkte zur nicht-strukturellen Koordination gibt es im ffOM nicht, da diese die Konkurrenz zwischen den Kindern und Familien so stark provozieren kann, dass die daraus resultierenden Konflikte eher dysfunktional als anspornend sind. Das ffOM setzt auf Kooperation, nicht Konfrontation, schlägt sich also eher auf die Seite der Psychologen als der Soziologen. Allerdings steht es jeder Familieneinheit frei, ob sie intern nicht doch auf Konkurrenzbasis arbeiten will; je nach Menschentyp (hier sind v.a. extrinsisch Motivierbare wie Aussendienstler zu nennen) kann dies ein Erfolg versprechendes Konzept sein.
  • Die von Peters und Waterman propagierte Unternehmenskultur spielt eine wesentliche Rolle als Familienkultur bei der Koordination im ffOM. Von den japanischen Lean-Philosophien weiss man, dass deren strukturelle Kopierung nur sinnvoll ist, wenn auch gleich die japanische Organisationskultur kopiert wird. Und dies bedeutet in erster Linie: Gegenstromverfahren (Top-down-Rahmen und Bottom-up-Detaillierung, läuft also auf Partizipation hinaus) und Teamwork. Beides sollte durch die ffOM leicht zu realisieren sein, wobei hier v.a. die Mutter als Ansprechpartnerin für Verbesserungsvorschläge fungiert, die sich der Vater anhören und durchsetzen muss! Die Schaffung von Helden ist schon durch die Bezeichnung Vater- und Mutter-Rolle gegeben; die Kinder sehen in ihren Eltern natürliche Vorbilder, falls diese sich entsprechend benehmen (Umkehrung der Attributionstheorie von Calder: Die Führer werden nur als solche akzeptiert, wenn sie dem Bild entsprechend, dass die Geführten von ihnen haben).
  • Die Schaffung von Standardrollen wird ebenfalls durch die Bezeichnungen Vater, Mutter und Kind erleichtert, schliesslich weiss jeder, wie diese Rollen auszuleben sind; das Role-Taking-Prinzip kann hier voll greifen, Role Overloading wird schnell erkannt. Aber das Beste ist, dass diese Standardrollen immer und überall gelten, d.h. nicht kontextabhängig sind.

3.4. Formalisierungsdimension

  • Schriftliche Fixierungen von Stellenbeschreibungen u.ä. sind in ffOM nicht Pflicht. Die Ausbildung der Kinder obliegt den Erwachsenen.
  • Die Aktenmässigkeit aller Vorgänge lässt sich in ffOM über den massiven Gebrauch von IT automatisch erreichen. Ansonsten ist die reine Leistungsdokumentation, also die Ergebniserreichung von Relevanz, nicht aber der Vorgang, der zu diesem Ergebnis führte.
  • Im ffOM dominieren informale Regelungen (getragen von der Familienkultur) über formale, genauso wie in jeder normalen Familie auch. Gute Absichten sollten auch bei Misserfolg belohnt werden, Experimente wohlwollend betrachtet. Ein Defekt bei Gruppen ist der Druck auf Abweichler; dem muss entgegengewirkt werden (v.a. durch die Mutter, die auch im natürlichen Falle oft gerade das schwarze Schaf am liebsten hat), da sonst Innovationspotenzial verloren geht.

3.5. Entscheidungsdelegationsdimension

  • Die Entscheidungsdelegation betrifft Weisungsbefugnisse (siehe persönliches Weisungsinstrument) und Vertretungsbefugnisse. Delegation von Entscheidungen heisst wesentlich mehr als nur Partizipation, da beim Ersteren der Vater u.U. kein Recht hat, etwas selbst zu entscheiden. Die höchste Partizipationsstufe ist jedoch das Veto-Recht.
  • Generell gilt, dass in ffOM durch das Vertrauensverhältnis zwischen Eltern und Kindern eine umfassende Delegation möglich ist, wobei dies jedoch in jeder Familieneinheit gesondert betrachtet werden kann. Dabei gilt das Motto: Eltern haften für ihre Kinder, sie besitzen also politische Verantwortung und Aufsichtspflicht (Führungsverantwortung). Die Kinder bekommen im Wesentlichen nur die Handlungsverantwortung delegiert; bei Misserfolg haben sie sich vor den Eltern zu rechtfertigen (bei schweren Verstössen auch vor Familien höherer Ordnung, die dann als eine Art Gesetzgeber fungieren!)
  • Über die Mutter verfügen die Kinder über einen wirkungsvollen Weg, um die Delegation von Entscheidungen herbeizuführen, denn wenn die Kinder der Mutter dauernd in den Ohren liegen, wird diese schon nachdrücklich auf den Vater einwirken, der sich ihre Meinung anhören und verwirklichen muss.
  • Die Entscheidungen, die auf unterer Ebene fallen dürfen, unterscheiden sich nach Dale in ihrer Häufigkeit, Folgenhaftigkeit und Abstimmungsbedürftigkeit. Es obliegt den Eltern, hier das richtige qualitative Mass der Delegation zu treffen.

4. Gestaltung von familiär-fraktalen Organisationen

4.1. Dynamisch-strukturelle Organisationsentwicklung

Das Konzept der Organisationsentwicklung (OE) von Kurt Lewin sah ursprünglich vor, das Verhalten der Mitarbeiter dahin gehend zu entwickeln, dass sie aus den strukturellen Gegebenheiten das Beste machen können. Doch das Carry-over-Problem machte die Schulungen hin zum konfliktfreien Agieren wieder zunichte. Man erkannte, dass eine OE auch eine Änderung der Strukturen bedeuten konnte. Keine der bekannten Organisationstheorien kann eine optimale Organisationsstruktur benennen, sondern bestenfalls Spielräume aufzeigen, die Raum lassen für Alternativen. Gäbe es diese Alternativen nicht, dann wäre eine strukturelle OE sinnlos. So aber spricht einiges für das Konzept der Hilfe zur Selbsthilfe durch Auftauen, Ändern und Einfrieren der Strukturen.

Die hier vorgestellte Version der dynamisch-strukturellen OE geht nicht von einmaligen Reorganisationsprozessen aus, sondern wie das moderne Konzept des Business Process Reengineering von einer laufenden Änderung der Strukturen. Die Organisation lernt in jedem Moment ihres Lebens dazu und passt sich so schnell wie möglich den dynamischen Anforderungen an. Das beliebte Festklammern am Status quo muss als verpönter Wert in die Unternehmensphilosophie aufgenommen werden. Ausserdem wird - anders als im normalen OE-Konzept - zwischen strategischer und operationaler Zielbildung unterschieden.

Bei vielen Organisationen, besonders bei den vom Bürokratismus beherrschten grossen Organisationen, kann ein solches Konzept kaum je Verwirklichung finden. Nicht jedoch bei den flexiblen familiär-fraktalen Organisationen, wie wir im Folgenden aufzeigen werden. Anders als beim Business Process Reengineering wird nicht nur top down und ganzheitlich vorgegangen, sondern im Gegenstromverfahren und partiell oder ganzheitlich: Die strategischen Ziele werden weitgehend top down generiert und entschieden; sie geben dann den Rahmen vor für die operative Zielbildung, Zielentscheidung und Zieldurchsetzung, die im Gegensatz dazu partizipativ bzw. bottom up entwickelt wird.

Das dynamisch-strukturelle OE-Konzept der strategischen bzw. operativen Zielbildung, Zielentscheidung und Zieldurchsetzung:

Organisation Umwelt

interne Situation            Werte               externe Situation
            Führer                        Geführte

                  strategische Zielbildung
                  strategische Wahl (Zielentscheidung)
                  operative Zielbildung (Alternativengenerierung)
                  operative Wahl (Alternativenbewertung)
                  Zieldurchsetzung
                  Effizienzmessung
                  Lernen der Organisation (Revision/Innovation)

4.1.1. Strategische Zielbildung und strategische Wahl

Der Unternehmenspolitische (strategische) Zielbildungsprozess im dynamisch-strukturellen OE-Konzept basiert z.T. auf dem Zielbildungsprozess der deskriptiven Entscheidungstheorie von Cyert und March. Familiär-fraktale Unternehmen sind Koalitionen von Individuen (Rollen), die wiederum Subkoalitionen (Familien) bilden können. Wir unterscheiden die Elternfamilien höchster Ordnung, die Führer und die Kinderfamilien höchster Ordnung, die Geführten.

Führer und Geführte folgen dem Anreiz-Beitrags-Gleichgewicht-Konzept von Vroom. Die Anreize, konkretisiert in Ziele wie Gewinn, Umsatz, Marktanteil, Ethik usw., basieren auf den Werten und der externen Situation, die die Umwelt vorgibt (z.B. Umweltschutz und Marktdynamik), sowie der internen Situation, die die Organisation vorgibt (z.B. Leistungsprogramm). Gefunden und definiert werden können die Ziele bezüglich Objekten, Subjekten, Ausmass und zeitlichen Bezug über verschiedene strategische Analyse-Instrumente, wie z.B. Portfolios ("Wo lohnt es sich zu investieren?") und Szenarios ("Welche möglichen Entwicklungen wirken sich wie aus?").

Durchsetzen mit ihren Zielvorstellungen können sich hauptsächlich die Mächtigeren, d.h. die Eltern, während die Kinder mit Side Payments, z.B. Lohnfortzahlungen, abgefunden werden. Zielkonflikte sind dabei die Regel, zumal auch noch die in der Organisation gelernten Faktoren (z.B. Revisionen oder Innovationen) berücksichtigt werden müssen. Die strategische Wahl der real anzustrebenden strategischen Ziele fällt letztlich auf diejenigen Ziele mit der grössten Gewichtung.

Die operativ durchgesetzten Ziele wirken auf die Umwelt und die Organisation zurück, verändern also die ursprüngliche Ausgangsbasis (die Umwelt ändert sich aber nicht nur dadurch). Schon daraus resultiert, dass eine laufende Zieländerung anzuraten ist.

4.1.2. Operative Zielbildung und Zielwahl

Während die Kinder bei der strategischen Zielbildung weitgehend ausgeklammert waren, muss ihr Einfluss bei der operativen Zielbildung im Rahmen des dynamisch-strukturellen OE-Konzepts als wesentlich ausgeprägter angesehen werden. Nach den allgemeinen OE-Forderungen gilt:

  • Geführte sind in allen Phasen des Zielbildungsprozesses zu beteiligen!
  • Geführte bekommen zur Partizipation Instrumente an die Hand!
  • formale Einrichtungen sollen machtpolitische Bestrebungen eindämmen!

Im Teamkonzept von Heinz Schelle werden diese Forderungen erfüllt. Es sieht als formale Einrichtung zunächst eine Projektorganisation vor, die sich im ffOM leicht abgewandelt folgendermassen wiedergeben lässt:

  • Entscheidungsgruppe: Vater und Mutter, die ein Veto-Recht bezüglich der Zielwahl ihrer Kinder haben. Die Entscheidung zur Durchsetzung einer Wahl muss vom Vater nicht mit seinen Eltern abgeklärt werden (falls die Delegation in der übergeordneten Familie gross ist), sollte aber unbedingt horizontal angesprochen werden. Dadurch können Defekte vermieden werden, wie sie beim Zero Base Budgeting auftreten können, wenn Entscheidungspakete inkompatibel werden, weil die einen ein Luxusbudget zugewiesen bekommen und die anderen nicht. Dynamisch-strukturelle OE sollte ganzheitlich sein, wenigstens auf horizontaler Ebene, damit es nicht zu Problemen bei der Ablauforganisation kommt. Der Vater setzt die Ziele in Programme und Pläne um, wobei er die sozioemotionalen Anregungen der Mutter zu berücksichtigen hat.
  • Planungsgruppe: Kinder (verschiedener Familien gleicher Ordnung), die als Repräsentanten auftreten. Sie können ständiger Natur oder gewählter Natur sein. Am besten gibt es mehrere Kinder mit Repräsentationsschulung in einer Familie, die alternativ gewählt werden können. Sie sind für die Bildung und Durchsetzung der Ziele zuständig; sie müssen ihre Wahlen der Entscheidungsgruppe, d.h. den Eltern(paaren) verkaufen. Die Planungsgruppe ist institutionalisiert (bei Schnelle sind dagegen nur temporäre Teams vorgesehen, da dieser nicht von einer ständigen OE ausgegangen ist, wie sie die dynamisch-strukturelle OE darstellt). Sie trifft sich wöchentlich am "Kindertag". Bis zu 40% der Arbeitszeit kann das Repräsentanten-Kind für die OE veranschlagen. Neben den Repräsentanten sollte in rotierender Weise jeweils auch ein Nicht-Repräsentant an den Kindersitzungen teilnehmen, sodass jeder im Betrieb weiss, was dort genau gemacht wird (Transparentmachung der Entscheidungsbildung).
  • Informationsgruppen: Hierbei handelt es sich um die restlichen Kinder, die keine Repräsentanten sind. Sie können Vorschläge an ihre Geschwister weitergeben, und werden von diesen oder von der Mutter über die OE ständig informiert, z.B. durch E-Mails oder Schwarze Bretter u.ä.

Betrachten wir uns nun die Phasen der operativen Zielbildung im dynamisch-strukturellen OE-Konzept:

4.1.2.1. PHASE 0: Transparentmachung von Vorurteilen

Bei ihren wöchentlichen Kindertagen kann die Planungsgruppe versuchen, (unbewusste) Probleme und Spannungen zwischen den Kindern festzustellen. Methoden dazu sind Konfrontationsmeetings ("Zeig den anderen, wie du sie siehst!") und Meta-Plan-Techniken ("Fülle eine Karte mit allen Problemen, die du mit den anderen hast!"). Werden hierbei nicht-diskutierbare Mängel festgestellt, wird ein Reorganisationsprozess ins Leben gerufen. Der Betriebsrat ist entsprechend zu informieren.

4.1.2.2. PHASE 1: Ist-Analyse

Folgende Instrumente werden im ffOM betrachtet, die von der Mutter verwendet werden. Insbesondere bei der Ergebnisinterpretation sind die Kinder zu beteiligen; sie wirkt sich strukturell v.a. auf die Abteilungsbildung aus (Qualifikation, räumliche Anordnung, Grösse, ...):

Abteilungen werden gebildet, wenn die Kommunikationsspanne zu gross wird oder die Komplexität der Umwelt zunimmt, und auch aus Repräsentationsgründen können Abteilungen entstehen. Sie sind so einzurichten, dass die Kohäsion nach innen gross, das Coupling nach aussen niedrig ist - ganz so wie die Klassen einer objektorientierten Programmiersprache. Die Unternehmensstrategie gibt dabei einen groben Rahmen vor, der einzuhalten ist. Sehen wir zunächst, welche Analyse-Instrumente uns die verschiedenen Organisationstheorien anbieten können:

  • Klassische Managementlehre: Liefert nur das pauschale Prinzip der Bildung von Abteilungen nach der Verrichtung bzw. dem Objekt.
  • Situativer Ansatz: Liefert gute Gründe für die situationsgebundene Bildung von divisionalen oder funktionalen Organisationen, Mischformen wie Matrixorganisationen, Produkt- und Projektorganisationen. Doch genauere Kriterien, als die pauschalen, schwer operationalisierbaren situativen Faktoren, wann wie welche Form vorzuziehen ist, liefert er nicht. Für eine Entscheidung auf oberster Ebene scheint der Situativer Ansatz jedoch brauchbar zu sein.
  • Systemtheoretische Ansätze: Die Idee von Thompson (1967) Abteilungen bzgl. ihrer Ressourcen-Interdependenz zusammenzulegen, klingt vernünftig. Jedoch muss dieses Konzept noch verfeinert werden, da Abteilungen auf reziproke und sequenzielle Ressourcen gleichzeitig zugreifen können. Die verfeinerte Form der Affinitätsanalyse kann helfen, hier eine Rangordnung zu bestimmen.
  • Entscheidungstheoretische Ansätze: Formale Modelle wollen hier aufzeigen, ob eine Abteilungsbildung die Koordination so weit verbessert, dass sie die zusätzlichen Verwaltungskosten rechtfertigt. Die Ergebnisse dieser Analysen dürfen nicht als Notwendigkeit verstanden werden, da sie mit zu vielen subjektiven Elementen auskommen müssen. Immerhin liefert dieser Ansatz mit seinen normativen Entscheidungsmodellen Instrumente für die Bewertung und Auswahl von Grobkonzepten an die Hand.
  • Transaktionstheoretischer Ansatz: Liefert nur die pauschale Erkenntnis, dass Manager dann Abteilungen bilden (sollten), wenn sie ihren Nutzen an den gegebenen Ressourcen dadurch mehren können. Dies fördert eine generell divisionale Orientierung, gibt aber keine Gestaltungsempfehlungen vor.
  • Evolutionäre Ansätze: Diese Ansätze heben die Bedeutung von Gruppenarbeit hervor, da diese flexibler auf die Umwelt reagieren können. Der Gedanke folgt der Philosophie der ffOM, hilft jedoch wenig, wenn es um konkrete Gestaltungsempfehlungen geht. Es sei denn, man hält sich an den St. Galler Ansatz, der besagt, dass das laufende System nicht verändert werden sollte.

Sehen wir uns nun ein paar analytische Ansätze an, die konkreter bei der Gestaltung von Abteilungen helfen sollen:

  • Erhebung der Stellensituation: Dieses Analyse-Verfahren benötigt Stellenbeschreibungen und normierte Leistungsvorstellungen, um die Anzahl der benötigten Stellen berechnen zu können. In ffOM gibt es jedoch keine Stellenbeschreibungen, da ganzheitlich und im Team operiert wird; eine normierte Leistung kann hier ebenfalls nicht greifen, zumal geistige Arbeit ohnehin nicht messbar ist. Allenfalls eine Mindestleistung der Ergebnisbringung könnte im ffOM zwischen Vater und Mutter (höchster Ordnung) politisch ausdiskutiert werden. Die REFA (Verband für Arbeitsgestaltung, Betriebsorganisation und Unternehmensentwicklung) hat bei ffOM nichts zu suchen.
  • Kommunikationsmatrix: Auch wenn im ffOM Kommunikation gross geschrieben wird - sie sollte ausdrücklich informationsorientiert sein -, so scheint es uns wenig sinnvoll, Rollen nur aufgrund einer Dimension, nämlich der der Häufigkeit von Face-to-Face-Kommunikation ("einmal in zwei Wochen" lauten die Schätzungen) oder Multimomentstudien (Stichprobenverfahren zur statistischen Erhebung der Zeitstruktur beliebiger Abläufe) zusammenzulegen.
  • Affinitätsmatrix: Rollen, die Gemeinsamkeiten hinsichtlich verschiedener Dimensionen, z.B. Kundenstruktur, Aufgabeninhalte, Kommunikationshäufigkeit u.ä. aufweisen, sollten in Organisationen zu Abteilungen zusammengefasst sein. Dieses Ist-Analyse-Instrument sollte in ffOM Verwendung finden, wobei Beobachtungen und Befragungen sich gegenseitig ergänzen sollten; gerade Unterschiede im Empfinden und Gegebenheiten lassen Defekte vermuten, die es zu reorganisieren gilt.
  • Lockheed-Verfahren: Anders als die Affinitätsanalyse zielt dieses Verfahren direkt auf die Grösse von Organisationen ab, indem dafür relevante Einflussfaktoren wie z.B. Homogenität, Umweltkomplexität, Planungsmöglichkeiten usw. zu einer Soll-Leitungsspanne (die von der Ist-Situation abweichen kann) verdichtet werden, die dann mit einer Norm-Leitungsspanne verglichen wird. Wie für alle Instrumente gilt hier: Als Hilfe akzeptabel, aber nicht als einzige Entscheidungsgrundlage (wenn eines der Instrumente völlig objektiv wäre, dann würde man keine OE brauchen, da man dann absolute Entscheidungsgrundlagen hätte; doch völlig objektive Instrumente wird es nie geben).
  • Psychologische Arbeitsanalyse: Grob kann hier nach B. Matern (1984) eine Auftragsanalyse, feiner dosiert eine Tätigkeitsanalyse vorgenommen werden, d.h., es wird von aussen der intrinsische Gehalt eines Auftrags bzw. einer Tätigkeit erhoben, indem z.B. festgestellt wird, ob sich Abläufe wiederholen, ob es Freiheitsgrade gibt, ob Stressoren vorzufinden sind usw. Diesen Gegebenheiten werden wiederum die Empfindungen der Betroffenen gegenübergestellt (siehe Affinitätsmatrix). Erhoben werden Letztere z.B. durch die Fragebögen von Hackman und Oldham, die in ihrem Job Diagnostic Survey herausarbeiten, dass intrinsischer Arbeitsgehalt nur dann motivierend wirkt, wenn den Arbeitenden ein Selbstentfaltungsbedürfnis innewohnt. Auch die Frage nach Stressoren, Vorhandensein von Regulationserfordernissen und Regulationsbehinderungen (Hindernisse und Überforderungen) runden die subjektive Ist-Vorstellung ab.
4.1.2.3. PHASE 2: Zielbildung und Projektdefinition

Die in Phase 0 entwickelten Soll-Vorstellungen und in Phase 1 herausgearbeiteten Ist-Mängel werden in dieser Phase in Form von Zielen konkretisiert. Dabei wird nach dem BASYC-Verfahren von Mumford folgendermassen vorgegangen:

  1. Identifizierung der Interessengruppen (betroffene Familien): Die von den Reorganisationsmassnahmen betroffenen Repräsentanten-Kinder sind in Planungsgruppen zu organisieren. Das Rollengefüge von Machtpromotoren (Väter in der Entscheidungsgruppe), Prozesspromotoren (Mütter in der Entscheidungsgruppe und Planungsgruppe) und Fachpromotoren (Kinder in der Planungsgruppe) wird nach der Verfügungsrechte-Theorie die Allokationsschwierigkeiten auf die Ressourcen minimieren. Die Mutter hat dazu sinnvolle Belohnungssysteme zu entwickeln und dem Vater Tipps bezüglich dessen Führungsstils zu geben.
  2. Zielbildung jeder Familie: Jedes Repräsentanten-Kind stellt Ziele auf, die seine Familie betreffen, und die einen gewünschten Soll-Zustand herbeiführen sollen. Absatzfamilien können hierbei z.B. Repräsentanten-Kinder als Kunden fungieren lassen.
  3. Familienbasierte Gewichtung und Auswahl der Ziele: Die wichtigsten Ziele jeder Familie werden von den Repräsentanten-Kindern anhand der persönlichen Präferenzen gewichtet und danach in den Zielkatalog der Familie aufgenommen.
  4. Familienbasierte Abschätzung des aktuellen Zielerreichungsgrades und die Soll-Ist-Formulierung: Dadurch wird das anzustrebende Ausmass der Zielverfolgung der Ziele jeder Familie ersichtlich.
4.1.2.4. PHASE 3: Generierung alternativer Grobkonzepte

Diese Phase ist von entscheidender Bedeutung für die Partizipation der Kinder, da nur die Möglichkeit aus alternativen Grobkonzepten zu wählen, den Betroffenen echte Beteiligung am Reorganisationsprozess gestattet; bei Vorgabe von nur einer Lösung könnten sie sich allenfalls dafür oder dagegen entscheiden.

Die Zielkataloge der einzelnen Familie werden benutzt, um daraus alternative Grobkonzepte zu generieren. Bei geringfügigen Soll-Ist-Abweichungen genügt es, wenn die Planungsgruppe über Brainstorming oder die Synektik-Technik alternative Lösungswege entwickelt. Bei komplexeren Problemen muss etwas strukturierter vorgegangen werden. Wir wollen uns dazu einmal das Konzept von J. Galbraith ansehen:

Statt komplexe Koordinationsnotwendigkeiten zu akzeptieren und durch verstärkte Spezialisierung, technokratischer Koordination und Formalismus zu begegnen, sollten sich die Kinder gezielt Methoden zur Reduzierung und Verbesserung der aktuellen Koordination überlegen. Die Koordination lässt sich z.B. reduzieren, indem eine Tätigkeit autonomer gestaltet wird (svw. "dynamisch-differenzielle Arbeitsgestaltung"), wenn Slacks aufgebaut werden oder die Umwelt beeinflusst wird (z.B. durch langfristige Lieferverträge). Eine Verbesserung der Koordination lässt sich erreichen durch ausgereifte Informationssysteme und verstärkte horizontale Kommunikation.

Gut gefallen hat uns auch das Konzept der subjektiven Tätigkeitsanalyse (STA) von Matern: Die Kinder einer Familie setzen sich zusammen, und stellen fest, welches Qualitätsniveau bzgl. ihren Kriterien zu erreichen ist, um ergebnisgerecht arbeiten zu können (dies erfolgt in Phase 1 und 2). Daraus lassen sich dann gezielte Vorstellungen über Schulungsmassnahmen einzelner Kinder entwickeln, was allerdings eine immanente Entwicklungsmöglichkeit in der Arbeit voraussetzt (dazu kommen wir gleich).

Wie oben schon angedeutet wurde, sollten Tätigkeiten so gestaltet werden, dass sie den arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen Rechnung tragen; dadurch werden sie zu flexibleren Problemlösungssystemen. Wir betrachten dazu das Konzept der dynamisch-differenziellen Arbeitsgestaltung und Aufgabengestaltung nach Ulich (1994):

Ausgehend von dynamischen Umweltbedingungen und Arbeitnehmern mit Selbstentfaltungstendenz sollten bei der Arbeitsgestaltung darauf geachtet werden, dass das soziale und technische System (Wirtschaftlichkeit und humane Aspekte wie Zumutbarkeit und Schädigungsfreiheit) simultan optimiert wird, und dass die Aufgaben ganzheitlich, anforderungsreich (eher überfordernd als unterfordernd), sozial interagierend, autonom und entwicklungsfähig sind. Wesentlich ist: Die Aufgaben sollten eine prospektive (selbst-adaptive und präventive) Arbeitsgestaltung durch den Träger erlauben. V.a. die Ganzheitlichkeit von Aufgaben macht eine Team-Orientierung notwendig, da i.d.R. nur Gruppen die nötige Problemlösungskapazität besitzen. Die dynamisch-differenzielle Arbeitsgestaltung und Aufgabengestaltung lässt sich nach unserer Meinung ganz gut anhand der folgenden Strategien verfolgen:

  • "Taylor go home!"-Strategie: Spezialisierung lässt sich durch Herzbergs Job Enlargement reduzieren, aber erst Job Enrichment (vertikale Integration) schafft die Trennung zwischen regulatorischen und ausführenden Tätigkeiten ab. Dadurch zeichnet sich ganzheitliche und autonome Arbeit aus.
  • Fix-Vario-Strategie: Die Aufgabe unterteilt sich in fixe Tätigkeiten, die z.B. die Ablauforganisation vorgibt, und variablen Tätigkeiten, deren Ausführungsreihenfolge ad hoc in Eigenregie bestimmt werden kann. Diese Strategie wird v.a. durch neue IT unterstützt, die den Struktur-Technik-Determinismus aufbrechen, z.B. CIM-Tools.
  • Dynamische "richtiger Mann am richtigen Platz"-Strategie: Das bedeutet eine qualifikationsbasierte Platzierung der Arbeitskräfte innerhalb eines Teams, d.h., Job Rotation wird keinesfalls angestrebt, ist aber bei gleichem Qualifikationsniveau durchaus möglich. Es wird dabei anerkannt, dass Eignungen nicht statisch sind, sondern dynamisch erweiterbar.
  • Feedback-Regulations-Strategie: Der Vater bzw. die Mutter koordiniert die Kindergruppe nur anhand der Ergebnisse, die er bzw. sie vorgegeben hat (Management by Objectives), und Beratungen, sehen ihnen aber beim eigentlichen Arbeitsablauf nicht über die Schulter (ausser die Kinder wünschen es).
  • Totally-Quality-Management-Strategie: Die Gruppe koordiniert sich selbst auf das beste Ergebnis hin, was vom Vater als Soll vorgegeben ist. Nicht ein Kind, sondern immer alle Kinder sind handlungsverantwortlich, während der Vater politisch verantwortlich und führungsverantwortlich ist.
  • Management-by-Exceptions-Strategie: Die Kindergruppe funktioniert als autarkes System, es sei denn, es treten unvorhergesehene Störungen ein. In diesem Fall kann der Führer vom Berater zum Macher werden und direktiv eingreifen.
  • Kulturberücksichtigungsstrategie: Nicht in jeder Kultur sollten die obigen Strategien gleichgewichtet werden, da sie kulturgebunden sind. Schon die interne Gruppenstruktur hängt z.B. vom Grad des Individualismus ab, der wiederum vom Grad des Bruttosozialprodukts abhängt.
4.1.2.5. PHASE 4: Bewertung der alternativen Grobkonzepte

Für die operative Wahl eines alternativen Grobkonzeptes kann die präskriptive Entscheidungstheorie mit ihren Scoring-Modellen herangezogen werden, die nach folgenden Schritten vorgeht:

  1. Bewertungskriterien-Abgleich: Wir haben strategische Ziele und pro Familie operative Ziele. Für eine Bewertung der Grobkonzepte ist es ratsam, sich auf gemeinsame Bewertungsgrundlagen zu einigen. Aus diesem Grund findet zwischen Planungsgruppe und Entscheidungsgruppe ein Abgleich der zu beachtenden Ziele statt, wobei innovative Familienziele, die den strategischen Zielen konfliktionär gegenüberstehen, ebenfalls als Bewertungskriterium herangezogen werden kann. Es ist jedoch darauf zu achten, dass Abhängigkeiten zwischen den Kriterien durch die Anordnung wiedergegeben werden, z.B. besitzt das Ziel Arbeitszufriedenheit (AZ) die Teilziele Autonomie und Feedback.
  2. Ergebnismatrix-Bildung: Anhand der intersubjektiven Bewertungskriterien werden die Grobkonzepte der einzelnen Familien auf ihre Kosten- bzw. Nutzenwerte hin verbal abgeschätzt (das gilt v.a. für nicht-monetäre Nutzenwerte) oder über statische bzw. dynamische Investitionsrechnungen (z.B. Rentabilitätsrechnungen und interne Zinsfussrechnungen) berechnet. Die Kriterienwerte werden skaliert in der Ergebnismatrix wiedergegeben. Beispiel:
    ----------------------------------------------------------------------
    Kriterium    | Kapazitaet   Prod.kosten    Stoer-       Laermbelastung
    Konzept      | Stück/h      DM             anfaellig
    ----------------------------------------------------------------------
    Maschine A   | 3500         2.1            nein         hoch
    Maschine B   | 4000         1.8            ja           mittelmässig
    Maschine C   | 6000         2.2            ja           gering
    ----------------------------------------------------------------------
    Skala        | kardinal     kardinal       nominal      ordinal
    ----------------------------------------------------------------------
    
  3. Entscheidungsmatrix-Bildung: Die Kriterienwerte werden untereinander vergleichbar gemacht, damit eine Wertsynthese möglich wird. Dies kann z.B. nach folgender Entscheidungsregel geschehen (zu beachten: Der Wert Null besitzt eine Aussagekraft, nämlich: nicht akzeptabel, egal wie hoch die anderen Kriterienwerte sind; die Abstufung ist einheitlich, d.h., der Abstand zwischen 1 und 2 ist identisch mit dem Abstand zwischen 2 und 3):
    Kapazitaet:           >5000 Stück/h=3; 4000-5000=2; 3000-4000=1; <3000=0
    Produktionskosten:    <1.5 DM=3; 1.5-1.8=2; 1.8-2.1=1; >2.1=0
    Stoeranfaelligkeit:   nein=3; ja=1
    Laermbelastung:       gering=3; mittel=2; hoch=1 
      
    ------------------------------------------------------------------------
    Kriterium         | Kapazitaet    Prod.kosten     Stoer-       Laerm-
    Konzept           | Stück/h       DM              anfaellig    belastung
    ------------------------------------------------------------------------
    Maschine A        | 1             1               3            1
    Maschine B        | 2             2               1            2
    Maschine C        | 3             0               1            3
    -----------------------------------------------------------------------
    Skala             | kardinal      kardinal        kardinal     kardinal
    -----------------------------------------------------------------------
    
  4. Grobkonzept-Wahl: Je nach Sicherheitsgrad können die Kriterienwerte nach Präferenzen oder Eintrittswahrscheinlichkeiten gewichtet werden; dies geschieht pro Kindergruppe entweder genau einmal, oder - wie Mumford im BASYC-Modell vorschlägt - zweimal (einmal optimistisch und einmal pessimistisch). Die Grobkonzepte mit dem grössten (oder sicherstem) durchschnittlichen Nutzen werden dann der Entscheidungsgruppe als Lösungsvorschlag zur Beseitigung der Ist-Probleme angeboten. Es schadet dabei übrigens nichts, wenn es mehrere Punktesieger geben sollte, da sie mit den Eltern ausdiskutiert werden können.

4.1.3. Operative Zieldurchsetzung, Effizienzmessung und Lernen der Organisation

Die Detaillierung und Implementierung des Grobkonzepts zur operativen Zieldurchsetzung ist weitgehend Sache des Vaters; die Kinder sind hierbei nur kritische Beobachter, die notfalls über die Mutter auf den Vater einwirken können.

Als wesentliches Feedback für die Bemühungen der Familien kann die Effizienzmessung herangezogen werden. Sie soll Dysfunktionalitäten innerhalb der Familie erkennen helfen, die sich durch Vernachlässigung intersubjektiver (!) Problemindikatoren ergeben, die sich aus Effizienzkriterien bilden, die wiederum die Dimensionen der Effizienz aufspannen sollen. Konzeptionell sieht das folgendermassen aus:

  1. Effizienz-Dimensionen: z.B. Gewinn, Flexibilität, Situation und Prognosen. Sie werden transformiert in Effizienz-Kriterien.
  2. Effizienz-Kriterien: z.B. Anpassungsfähigkeit, Synergie, Slack, Koordination, Konflikte und AZ. Werden in operationalisierbare Problem-Indikatoren transformiert.
  3. Problem-Indikatoren: z.B. Dezentralisierungsgrad, Innovationsrate, das Vorkommen von Doppelarbeiten, Ressourcenauslastung, Durchlaufzeiten, Überstunden, Beschwerdehäufigkeit und Fluktuation.

Laut A. Kieser ist der Effizienzmessung kaum Validierungsfähigkeit anzurechnen; die einzelnen Transformationsschritte erscheinen zu willkürlich. Dennoch kann der Vater sie als Feedback annehmen, auch wenn er sie nicht gleich zur alleinigen Entlohnungsgrundlage erheben sollte. Für einen Vergleich mit anderen Familien taugt die Effizienzmessung eindeutig nicht; zu gross sind im ffOM die Unterschiede zwischen den einzelnen Familien.

Effizienz muss von Effektivität abgegrenzt werden: Das Erste beschreibt eine Soll-Ist-Relation, das Zweite eine Sollerfüllungssituation. Die Effizienz ändert durch ihre positive Wirkung (z.b. höheren Gewinn) die globale Organisation, sie kann aber auch wesentlich spezifischer auf die strategische Zielbildung einwirken, z.B. wenn sich die revidierten oder innovativen operativen Familienziele als besonders effizienzsteigernd erwiesen haben. Durch adaptierte strategische Ziele lernt die Organisation, immer effektiver zu sein.

4.2. Informationsmanagement

Wissen, welches auf Informationen, also zweckgebundenen Daten, basiert, bedeutet Macht. Informiert zu sein bedeutet für ein Unternehmen, Wettbewerbsvorteile gegenüber der Konkurrenz zu besitzen. Die klassische Datenverarbeitung (DV) verarbeitet nur Daten - Informationen sind aber mehr; sie sind nicht neutral, sie sind an Ziele gebunden, die anderen Zielen konfliktionär gegenüberstehen können. Aus diesem Grund bedeutet Informationsmanagement (IM) neben Datenmanagement auch eine Betrachtung nicht-technischer Gesichtspunkte, wobei hier insbesondere die Akzeptanz- und Qualifikationsproblematik angesprochen ist. Die Auswirkungen neuer Informationstechnologien (IT) reichen in alle Ebenen und Bereiche hinein.

IM ermöglicht eine Anpassung der Technik an die Strukturen, zumindest innerhalb eines gewissen Gestaltungsrahmens. Denn wie der Situative Ansatz empirisch belegt, brechen neue Informationstechnologien den Determinismus zwischen Technik und Situation bzgl. der Organisationsstrukturen auf. Dadurch wird eine effektive Aufbau- und Ablauforganisation ermöglicht, woraus hohe Überlebenschancen für die Organisation resultieren. Aber Informationen erhöhen nicht nur die Effizienz einer Organisation, sie sind auch selbst ein Produkt, das sogar verkauft werden kann!

Informationen im Allgemeinen und IM om Besonderen sind - wie oben gezeigt - für moderne Organisationen überaus wichtig. Aus diesem Grund dürfen sie auch im familiär-fraktalen Organisationsmodell nicht fehlen. Um ihre Wichtigkeit zu unterstreichen, wird daher das IM in die Aufbauorganisation über eine intensive (bis aggressive) IM-Strategie integriert, ja, es wird von uns sogar ausdrücklich vorgeschlagen, einen Informationsmanager generell in jeder Vorstandsfamilie zu haben. Doch dazu später mehr (siehe institutionalisiertes IM).

Zurzeit geht der technische Wandel schneller vonstatten, als die Manager (die Eltern) ihm zu folgen vermögen - und der Abstand vergrössert sich immer weiter. Wie Gap-Analysen aufdeckten, fehlt es bzgl. der IT an angepassten Strategien, Strukturen und Führungsprinzipien. Diese Lücken im System zu schliessen, das ist Aufgabe des Informationsmanagements: Es soll einen Fit zwischen Strategie und Struktur hervorbringen, und die Eltern und Kinder an den Umgang mit den neuen Informationstechnologien gewöhnen.

4.2.1. Strategisches Informationsmanagement

Strategisches IM hat die Ziele eine Informationsinfrastruktur zu schaffen, Qualifikationsstrategien und Akzeptanzstrategien zu entwerfen und die Sicherheit der Systeme aufrechtzuerhalten. Die strategischen IM-Ziele, die die Eltern der höchsten Ordnung entworfen haben, geben den Rahmen vor, innerhalb dem sich die von den Kindern erbrachten operativen Ziele befinden sollten. Wir haben diesen Vorgang durch das Konzept der dynamisch-strukturellen OE näher beschrieben. Wesentlich ist der Durchsetzungswille der IM-Strategie: Soll sie nur retardierend (sich steigernd) eingeführt werden? Oder moderat? Oder doch besser gleich aggressiv? Oder am besten gar nicht, also destruktiv?

Strategien haben die Umwelt zu berücksichtigen, in der sich eine Organisation befindet. Wir empfehlen dennoch, der IM sehr grosses Gewicht beizumessen, selbst in statischen Umgebungen, denn Änderungen sind immanent in jeder Umwelt gegeben. Familiär-fraktale Organisationen sind zudem wie normale Familien eher informationsorientiert als leistungsorientiert, und gerade daraus resultiert auch letztlich ihre Innovationskraft und Flexibilität.

Die Managementpyramide ist in den fetten Jahren zur Kuppel geworden, denn während die ausführenden Stellen (Kinder) gleich blieben, nahm die Stellenzahl der Manager (Eltern) aufgrund der Parkinsonschen Gesetze drastisch zu. Das moderne IM-Konzept ist eine echte Chance, die von den Japanern propagierte Lean-Strategie zu verwirklichen, denn gerade die administrativen Arbeiten, die ins Ressort des mittleren Managements fallen, lassen sich über neue IT, wie z.B. CIM-Systeme, erledigen. Die IT hat das Potenzial, Aufgaben horizontal und v.a. vertikal zu integrieren. Es ist Aufgabe des IM, diese Stärken und Chancen zu erkennen und zu nutzen, ohne dabei die Schwächen und Risiken zu vernachlässigen.

Welche IT die richtige ist, wie sie eingeführt werden sollten usw., all das muss das Top-Management zunächst informell, halbformell und/oder formell lernen. Es müssen Qualifikationsmassnahmen für die Kinder getroffen werden, z.B. durch die Einrichtung von CBT-Systeme (Computer Based Training-Systeme). Dass sich Akzeptanz und AZ alleine durch die Wirkung der IT einstellt, sollte nicht unbedingt erwartet werden. Wichtig ist v.a., wie die Gesellschaft oder die Eltern zur modernen IT stehen, und ob sie die Arbeitsspielräume eher erweitert oder aber schmälert.

Insbesondere die vertikale Integration von Arbeiten durch die IT macht eine Organisation schlank und fördern die AZ der Kinder, sofern diese entsprechend geschult und entlohnt werden. Die Eltern müssen hierzu regelmässig über ihren Schatten springen und Entscheidungen delegieren können, um autonome Arbeitsplätze bzw. Arbeitsgruppen zu schaffen, denn diese organisatorische Dezentralisierung geht mit einem Machtverlust auf ihrer Seite einher. Aber Achtung! Eine räumliche Dezentralisierung muss noch keine organisatorische Dezentralisierung bedeuten (und umgekehrt)! Dennoch gilt durchaus: Auch die räumliche Dezentralisierung, z.B. durch Heimarbeit, ist ein Thema des strategischen Informationsmanagements.

Neue IT, wie Rechnernetze, in denen es weniger auf die persönliche Präsenz, als auf das fachliche Wissen ankommt, untergräbt mikropolitische Bestrebungen. Auch der Introvertierteste kann nun partizipativ seine autonome Meinung im Netz Kund tun, ohne sich dabei unbehaglich fühlen zu müssen - und dadurch werden vielleicht bisher brachliegende Innovations-Potenziale aufgeweckt.

4.2.2. Operatives Informationsmanagement

Die mittleren Eltern haben die IM-Ziele in Bezug auf die Hardware, Software, Rechenzentrum und Informationsdatenverarbeitung (IDV) durchzusetzen, wobei sie die Kinder partizipativ zu beteiligen haben. Die Informationsmanager der oberen Ordnungen haben auf Kompatibilität der Systeme zu achten. Die organisationsweiten Datenstrukturen sind auch von der IDV zu berücksichtigen, und werden in zentralen Data Dictionaries angeboten. V.a. die Wirtschaftlichkeitskontrolle fällt in das Ressort der mittleren Eltern. Ebenso haben sie auch die Sicherheitsaspekte (auf organisatorischer und juristischer Ebene) zu beachten, die durch den massiven Umgang mit Informationen an Bedeutung gewinnen.

4.2.3. Institutionalisiertes Informationsmanagement

Wie bereits erwähnt, sollte das Informationsmanagement im ffOM über eine intensive IM-Strategie möglichst hoch in der Hierarchie angeordnet werden. Wir schlagen das Informationsmanagement als eigenständigen Funktionsbereich (Kind höchster Ordnung) vor, genauso wie Beschaffung, Produktion und Absatz. Doch damit nicht genug. Neben dem Idealtypus der "Integration" gemäss Pfeiffer (1991) wird darüber hinaus auch noch für jede Familie jeder Ordnung (!) mindestens ein IM-Kind benannt, welches sich um die Netzkommunikation innerhalb der Familie zu kümmern hat, insbesondere auch um den Schnittstellen-Server zwischen Eltern, Kindern und den Familien höherer Ordnung. Die Aufbauorganisation im ffOM hat dann z.B. folgendes Aussehen:

Familiär-fraktale Organisation höchster (vierter) Ordnung:

                        Vorstands-Eltern:
Beschaffung-Kind       Produktions-Kind      Absatz-Kind       IM-Kind

Familiär-fraktale Organisation der Vorstand-Eltern:

      Vorstands-Vater:                        Vorstands-Mutter:
Vater      Mutter      Vater     Mutter  Vater    Mutter   Vater  Mutter
4 Kinder            4 Kinder        4 Kinder                  4 Kinder
VM  VM  VM            VM VM                    VM VM VM VM
4K  5K  4K            7K 2K                    3K 2K 1K 4K

Familiär-fraktale Organisation des Beschaffung-Kindes:

          VM      VM            VM      VM
          4K      4K            4K      4K

VM   VM   VM   VM   VM   VM   VM   VM    VM   VM   VM    VM
8K   12K  12K  7K   6K   7K   3K   2K    8K   7K   18K   11K

                                    VM      VM      VM      
IM-Kind      je ein IM-Kind         12K     7K      2K

Die IM-Kinder müssen keine Wirtschaftsinformatiker sein, sondern es genügt, wenn es zusätzlich ausgebildete Kinder sind, sodass sie bei EDV-Problemen der Ansprechpartner für die jeweilige Familie sind. Sie sind es auch, die über das Netz Hilfe beim IM-Kind höchster Ordnung anfordern können, falls sie nicht alleine zurechtkommen. Im Zuge der Prozess- und Kundenorientierung bekommen die IM-Kinder als Business Process Owner im Sinne A. Scheers relativ viel Verantwortung delegiert. Das eigentliche Workflow-Management bleibt jedoch beim IM.

Wie man sieht, propagiert das ffOM eine funktionale Organisation als Hauptstruktur; was ja auch mit dem Kooperationsgedanken des Modells eher in Übereinstimmung zu bringen ist. Zwischen den Haupt-Kindern jedoch kann genauso gut eine divisionale Strukturierung angestrebt werden, im Falle der IM-Kinder wollen wird dies sogar empfehlen, d.h., statt einer funktionalen Aufgliederung in strategisches, administratives und operationales Informationsmanagement, sollten besser Mainframe-, PC-, Benutzerservice-, Kommunikation- und Integration-Kinder gebildet werden (Letzteres um ein Auseinanderdriften der Objekte zu verhindern).

4.2.4. Informationstechnologie

Die Informationstechnologie (IT) berührt die Themenkreise Telekommunikation, Bürokommunikation, Datenbanksysteme (DBS), Künstliche Intelligenz (KI), Neuronale Netzwerke (NN) und Management Information Systems. Wir wollen unser Augenmerk v.a. auf die Kommunikation lenken, wobei die interne Kommunikation wichtiger ist, da sie die Telekommunikation bei Weitem übertrifft (80:20!). Zum externen Anschluss sei nur gesagt, dass ffOM gut beraten sind, wenn sie sich ISDN- und Internet-Anschlüsse besorgen. Wie bereits mehrfach erwähnt, leben ffOM vom Informiertsein, und daher sollte sie auch jede Informationsquelle nutzen.

Die Intrakommunikation hat nicht nur Koordinationsfunktion, sondern erfüllt auch soziale Bedürfnisse; sie ist ein wesentlicher Träger der informalen Organisation, die wir im ffOM als eher positiv, denn dysfunktional sehen wollen, denn ffOM sind kooperationsorientiert und informationsorientiert und damit auf jedwede Kommunikation angewiesen. Dennoch: Trotz moderner IT müssen sich Personen, die komplexere Probleme zu beraten haben, persönlich treffen, wollen sie schnell zu einer Lösung kommen. Mit anderen Worten: die IT gestattet keine beliebige räumliche Dezentralisation.

Das Informationsmanagement des ffOM hat sich auf institutionalisierter Ebene an folgende Forderungen zu halten (werden diese erfüllt, bleibt es jeder Familie überlassen, wie sie die Lösungen implementieren möchten):

  1. Jedes Familienmitglied tiefster Ordnung hat Zugang zu einem Rechner.
  2. Es ist ein durchgängiger Client/Server-Aufbau vorhanden. Die Entwicklung von verteilten Betriebssystemen (VBS) ist zu beobachten, ein Einstieg aber nicht zu übereilen.
  3. Es werden einheitliche Netzwerk-Protokolle verwendet. Die OSI-Norm gilt auch über die Grenzen der Organisation hinweg, setzt sich aber nur zögernd durch. Da der UNIX-Markt weiter expandiert, dürfte TCP/IP die bessere Lösung sein.
  4. Innerhalb der Organisation werden Informationen auf Dokumentenbasis ausgetauscht. Vorhandene Normen, wie EDI (Electronic Data Interchange), sind auszunutzen.
  5. Jede Kindergruppe besitzt ein eigenes Netz, z.B. einen IBM-Token-Ring auf niedriger Ordnung und einen FDDI-Ring auf höchster Ordnung. Wir wollen diese Netze im Folgenden als Kindernetze bezeichnen.
  6. Jedes Elternpaar ist über ein Elternnetz verbunden, welches vom Kindernetz unabhängig ist.
  7. Eltern können nicht auf die Kindernetze kleinerer oder gleicher Ordnung zugreifen, d.h., sie können zwar Mails dorthin senden, jedoch keine dort abgelegten Daten lesen. Da sie selbst Kinder von Eltern höherer Ordnung sein können, können sie aber auf alle Kindernetze höherer Ordnung zugreifen.
  8. Kinder können nur auf alle Kindernetze gleicher oder höherer Ordnung zugreifen. Elternnetze sind für sie tabu.
  9. Jede Familie besitzt einen Schnittstellen-Server. Dieser Rechner wird vom IM-Kind der jeweiligen Familie gewartet. Im Falle einer IM-Familie kümmert sich der IM-Vater um diesen Knotenpunkt, der sich zwischen dem Kindernetz, dem Elternnetz und dem Kindernetz der nächsten Ordnung befindet.
  10. In jedem Netz gibt es ein Schwarzes Brett, eine Datei, die jeder Zugriffsberechtigte einsehen und modifizieren kann. Über das Schwarze Brett eines Kindernetzes können Informationen ausgetauscht werden, die nur die Kinder der eigenen oder niedrigeren Ordnung betreffen; die Eltern oder Kinder höherer Ordnung können sie nicht einsehen.
  11. Es existieren auf einem Host, der im ffOM als Server dient, einige globale Tools: Ein objektorientiertes Datenbanksystem (DBS), ein Data Dictionary, eine Klassenbibliothek, Standardprogramme, Kommunikationsprotokolle, ein Verzeichnis über alle Dateien in der Organisation, ein Information Retrieval System (IRS) als Suchhilfe und ein Computer Based Training-Programm. Die Liste ist natürlich unvollständig; das Mainframe- oder DBS-Kind hat sich um eine entsprechende Erweiterung zu kümmern. Alle Änderungen werden über Broadcast-Messages auf allen Schwarzen Brettern der niedrigsten Ordnung vermerkt.
  12. Jede Nachricht bleibt so lange auf einem Schwarzen Brett stehen, bis jedes leseberechtigte Mitglied es als gelesen gekennzeichnet hat. Bei Verzögerungen sind die jeweiligen IM-Kinder zu aktivieren, die u.a. das Recht haben, Nachrichten direkt vom Schwarzen Brett zu streichen.

4.3. Reorganisation und Macht

Bei Reorganisationsmassnahmen, die Akteure mit Macht berühren - hier wird v.a. an Lean Management gedacht - sollten einige Besonderheiten in den Reorganisationsprozess eingebracht werden. Grundsätzlich wird im ffOM hierbei immer noch nach dem dynamisch-strukturellen OE-Konzept verfahren, jedoch sind insbesondere im Vorfeld der tief greifenden Managementstrukturänderungen einige Vorbereitungen zu treffen:

  1. Es sollte ein Lenkungsausschuss gebildet werden, der zwischen den Planungsgruppen und der vom Top-Management rekrutierten Entscheidungsgruppe steht. Er koordiniert die Zusammenarbeit der Planungsgruppen und erhält insbesondere die Vision vom Leaning in den Familien lebendig. Er hat auch die Unternehmenskultur und -werte auf die Leaning-Vision einzuschwören, indem er die strategische Zielbildung dahin gehend modifiziert/erweitert (normative Vorstrukturierung).
  2. Das mittlere Management besitzt Macht und wehrt sich gegen das Leaning, es sei denn, ein Manager erkennt sich als Gewinner der neuen Struktur. Erkennt er sich jedoch als Verlierer, kann er Abwehrkoalitionen beitreten, die dem Leaning entgegenwirken wollen. Gegen solche Koalitionen kann nur das Top-Management antreten, also die Eltern höchster Ordnung; nur sie verfügen über genügend formale Macht. Daraus folgt, dass tief greifende Reorganisationen stärker top down gesteuert werden müssen, als es das dynamisch-strukturelle OE-Konzept sonst vorsieht.
  3. Gegen die sichtbaren - formalisierten - Abwehrkoalitionen kann das Top-Management gezielt vorgehen. Da sich diese Koalitionen aus den potenziellen Verlierern des Leanings zusammensetzen, muss diesen das Verlieren einfach durch Frührenten, Privilegien-Nichtänderungsversprechen, Projektleiter-Ersatzstellen usw. erleichtert werden.
  4. Den Abwehrkoalitionen kann entgegengewirkt werden, doch bei informalen, stillen Übereinkünften kann das Top-Management bzgl. des Leanings nicht Freund von Feind unterscheiden. Die Mütter der höheren Ordnungen sollten daher eine ungefähre Vorstellung über die "Verwandtschaftsbeziehungen" bzgl. der Herkunft, dem Alter, den Weltbilder usw. der mittleren Eltern besitzen. So kann sie Ansatzpunkte finden, wie dem informalen Blockadenetz entgegengewirkt werden kann. Insbesondere eigene Leute an solche Schlüssel-Positionen zu setzen, hat sich als bewährte Strategie erwiesen.
  5. Informale Strukturen kennen keine Hierarchiegrenzen, daher sind häufig Mitglieder des Top-Managements selbst an den informalen Blockadenetzen integriert. Das verführt diese Mitglieder zu halbherzigem Handeln bzgl. des Leanings. Um solchen Tendenzen entgegenzuwirken, hat es sich als sinnvoll erwiesen, vor tief greifenden Strukturänderungen neue Top-Manager ins Unternehmen zu holen, die ihre Vertrauensleute mitbringen und über das Unternehmen verteilen (personalpolitische Vorstrukturierung). Dadurch werden dem informalen Blockadenetz die Knotenpunkte genommen - es bricht zusammen oder kann erst gar nicht entstehen.

4.4. Rationalisierung

In Bezug auf die Rationalisierung wollen wir uns vier Verfahren ansehen:

  1. Personalbemessung: Die Soll-Gesamtarbeit wird ermittelt und durch die normierte Leistung eines Arbeiters geteilt. Dadurch erhält man eine Vorstellung, wie viele Soll-Arbeiter nötig sind, um das Soll zu erfüllen. Diese Soll-Arbeiteranzahl ist mit der Ist-Arbeiteranzahl abzugleichen, i.d.R. über Entlassungen. Da normierte Leistungen, insbesondere im geistigen Bereich, allerdings nicht formulierbar sind, ist dieses Verfahren für das ffOM inakzeptabel.
  2. Gemeinschaftskosten-Wertanalyse (GWA): Dieses Verfahren will die Gemeinschaftskosten (GK) beim Personal reduzieren; es ist ein reines Kostenreduzierungsverfahren. Man kann sich dazu vorstellen, dass aus jedem einzelnen Abteilungsballon so viel Luft herausgelassen wird wie möglich. Vorteilhaft ist, dass bei diesem Verfahren kein Goodwill der Middle-Manager nötig ist, sondern dass diese durch "eiserne Regeln" und hoher Ausführungsgeschwindigkeit quasi überrumpelt werden können. Allerdings kann die GWA statt auf eine Gesundschrumpfung auch auf eine Totschrumpfung hinauslaufen, da bei übermässiger Reduzierung der Mittel die Arbeitszufriedenheit der Mitarbeiter den Bach runter gehen könnte und zukünftige Entwicklungen und Koordinationspuffer wegen fehlender Ressourcen, v.a. Personal, nicht mehr möglich bzw. vorhanden sind. Für das ffOM erscheint uns die GWA also nur als im Notfall praktikabel.
  3. Zero Base Budgeting (ZBB): Auch dieses Verfahren zielt auf die Personal-GK ab, jedoch wird statt auf Kostenreduzierung auf Kostenumverteilung gesetzt. Hierbei wird zwar ebenfalls aus den meisten Abteilungsballonen Luft herausgelassen, in andere Abteilungen aber auch gleichzeitig mehr Luft hineingepumpt. Ausgegangen wird nämlich von der "grünen Wiese": Das Unternehmen überlegt sich eine Strategie für die Zukunft und verteilt das vorhandene Budget anhand dieser Strategie auf die dafür wesentlichen Funktionen. Dieses Vorgehen baut zwar auf den Goodwill der Middle-Manager auf, der sich aber schon alleine dadurch ergibt, dass der Abteilungsleiter durch gute Argumentation seine Abteilung aufzustocken vermag. Der Spielraum für Manipulationen ist jedoch aufgrund der Komplexität des Verfahrens höher als bei der GWA. Ausserdem muss auf die Kompatibilität der Abteilungen geachtet werden, an denen sich selbst - abgesehen vom Budget und der Personalstärke - ja nichts ändert. Für das ffOM wäre das ZBB eine denkbare Alternative, jedoch scheint das im Anschluss vorgestellte Business Process Reengineering noch besser geeignet zu sein.
  4. Business Process Reengineering (BPR): Bei diesem Verfahren geht es nicht nur um die Senkung von Personal-GK bzw. deren Umverteilung; tatsächlich können diese Kosten u.U. sogar steigen! Das BPR stellt das konventionelle Abteilungsgefüge infrage, bei dem jeder Bereich traditionell konfliktionäre Zielsetzungen verfolgen kann. Wie das ffOM verlangt der BPR-Ansatz Kooperation in der Zielsetzung. Zwei wesentliche Funktionen hat eine Organisation laut dem ffOM bzw. dem BPR dabei zu erfüllen: Zum einen müssen die Mitglieder "ernährt" werden, und zum anderen müssen die Bedürfnisse der Gesellschaft selbst befriedigt werden. Aus diesem Grund setzt das BPR auf die Kundenorientierung. Dieses Ziel wird erreicht durch ein Denken in Wertschöpfungsketten. Und durch eine konsequente Objektorientierung bis ins Detail. Eine Organisationsstruktur im Sinne des BPR kann z.B. folgendes Aussehen annehmen:
Vorstandsfamilie

Standardprodukte  Standards mit Varianten  Kundenspezifische Produkte
Produkt A         Produkt B                Produkt C
Familie 1         Familie 2                Familie 3
Beschaffung/Produktion/Absatz  Beschaffung/Produktion/Absatz

Wie man obigem Schema entnehmen kann, kommt die BPR-Struktur der Familienorientierung vom ffOM ziemlich nahe. Es müssen interdisziplinäre Familien gebildet werden, die sich flexibel, schnell und kundenorientiert um jeweils nur ein Produkt kümmern - von der Beschaffung bis zum Vertrieb. Dadurch steigen einerseits die Kosten, denn es fallen unweigerlich Doppelarbeiten an. Andererseits jedoch spart man auch Kosten durch das einflechtbare Just-in-Time-Prozedere (JIT), welches Lagerfläche weitgehend überflüssig macht. Weitere Vorteile: Das Schnittstellen-Management entfällt, die Wertschöpfungskette verfolgt ein einheitliches Ziel, und es wird weniger das Produkt gepflegt, als direkt der Kunde. Innerhalb der Wertschöpfungsfamilien ist Anpassungsfähigkeit an die Dynamik der Märkte jederzeit gegeben, Voraussetzung ist jedoch ein entsprechendes Informationsmanagement (welches häufig einen BPR-Prozess erst anstösst, weil es unzufrieden ist mit der tayloristischen EDV-Nutzung).

Die aktuellen Megatrends Downsizing, Outsourcing und Networking unterstützen das BPR. Das Benchmarking (der Vergleich mit der Konkurrenz) zeigt, welche Ziele - Quantensprünge - über das BPR erreicht werden müssen, damit das Unternehmen konkurrenzfähig bleibt. Totally Quality Management-Systeme (TQM), die von den IM-Kindern, den Business Process Owner, gewartet werden, sorgen nicht nur für Produktqualität, sondern auch für Prozessqualität. Über Software-Metriken kann ein ständiges Controlling etabliert werden, sodass Prozessmängel sofort bemerkt werden können. Die dazu nötige Software kann mittels Reverse Engineering, d.h. Umbau der Altsysteme, und Workflow Management, d.h. Integration der heterogenen Systemwelten, bestimmt werden. Es muss also u.U. nicht einmal völlig neu investiert werden, um BPR in familiär-fraktale Organisationen zu implementieren, weshalb wir es hier auch ausdrücklich empfehlen wollen.

5. Verhalten in familiär-fraktalen Organisationen

5.1. Wertewandel und Arbeitszufriedenheit

Früher hiess es "Motivation durch Hunger". Dass Arbeit Spass machen sollte, auf diesen Gedanken kamen die Manager nicht. Dann jedoch stellte man fest, dass Kontrolle durch Ideologie weit effektiver ist, als eine Totalkontrolle. Das Beste dabei: Die nötigen Werte, wie die protestantische Ethik, lieferte die Gesellschaft kostenlos! Im ffOM empfehlen wir AZ nicht nur als Mittel, sondern als Zweck, d.h., sie ist bewusst ins Zielsystem des Unternehmens aufzunehmen. Der Idee von den schöpferisch Unzufriedenen wollen wir uns nicht anschliessen, den Unzufriedene würden sicher nur ausserhalb der Organisation schöpferisch tätig werden.

Wir sind uns bewusst, dass hohe AZ nicht unbedingt hohe Leistung bedeutet (Motto: "Glückliche Kühe geben mehr Milch"), denn die Leistung hängt auch von den Fähigkeiten der Ausführenden ab, von situativen Faktoren wie dem Arbeitsmarkt und der persönlichen Motivation. Aber sie korreliert positiv mit weniger Fluktuation und Krankenstand, v.a., wenn Personenzufriedenheit angestrebt wird und nicht nur Situationszufriedenheit. AZ sehen wir in erster Linie als eine Chance an, die qualitative Leistung der Kinder zu erhöhen (weniger die quantitative). Es muss jedoch darauf hingewiesen werden, dass die Strategien zur Erlangung von hoher AZ - anforderungsreiche Arbeit, Ganzheitlichkeit, Autonomie, usw. - nicht bei jedermann greifen; einige wollen lieber nur extrinsisch motiviert werden, bei anderen wiederum, so zeigte uns Sprenger, wirkt extrinsische Motivation dagegen gerade demotivierend!

Welche Rolle die AZ für den Einzelnen bedeutet, ist culture-bounded. Es gibt so etwas wie ein Wertependel, welches sich zwischen Produktivitätswillen und Kontraproduktivitätswillen bewegt. Bei jeder Basisinnovation gewinnt die AZ zunächst an Bedeutung für die Lebenszufriedenheit, doch nimmt diese Bedeutung - zumindest subjektiv - nach der Konjunkturphase wieder ab, ja, schlägt sogar ins Gegenteil um - es wird z.B. eine andere Art von Arbeit gefordert, z.B. eine ökologischere. Der Wert der Arbeit an sich bleibt jedoch unangetastet, da Arbeit als der Träger von Fortschritt angesehen wird. Zur leichteren Verankerung von Esthers Vision und auch aus humanistischen Gedankengängen heraus wollen wir aber bemerken, dass ein "Lob der Faulheit" einmal dringend anzuraten ist. Wir regen uns heute über die Faulheit anderer auf, vergessen dabei aber, dass auch wir den Fleiss erst mühsam erlernen mussten.

Wie Motivation und AZ zustande kommen, dass versuchen diverse Theorien zu erklären. Die Inhaltstheorien, wie die von Maslow (1954), gehen von einer "Erst fressen, dann Moral"-These aus, d.h., erst wenn die Grundbedürfnisse der Menschen befriedigt wurden, lassen sie sich zu anderen Dingen motivieren. Prozesstheorien betrachten dagegen die Denkschemata, die zu Motivation führen. Die Equity Theory von John Stacey Adams behauptet, der Arbeiter ist dann zufrieden, wenn er relativ genauso behandelt wird wie vergleichbare Kollegen. Die Zwei-Faktoren-Theorie von Herzberg besagt, dass Hygienefaktoren Unzufriedenheit beseitigen und erst dann Motivatoren AZ hervorbringen können. Die Leistungsmotivationstheorie unterscheidet zwischen Personen, die erfolgsorientiert oder misserfolgsorientiert sind. Letztere haben viele Strafen durch die Eltern erfahren und agieren daher sehr vorsichtig. Solche Menschen sollten im ffOM nicht unbedingt an Positionen gesetzt werden, die innovatives Verhalten verlangen.

Was letztlich jemanden motiviert, kann jeder Vater bzw. jede Mutter bis zu einem gewissen Grad durch Introspektion selbst herausbekommen, um denjenigen dann nach dem Weg-Ziel-Ansatz ködern zu können. Ob dadurch tatsächlich AZ erreicht wird, ist allerdings schwer zu überprüfen, den die AZ-Messung ist mit Validitätsproblemen behaftet. Im ffOM wollen wir uns ohnehin bewusst sein, dass mehr Menschen als man glaubt, nicht motiviert werden müssen, sondern es aufgrund der Arbeit, mit der sie sich identifizieren ("Float"-Gefühl), ohnehin schon sind. Jeder zusätzliche Motivationsversuch kann bei diesen Leuten nur das Gegenteil bewirken - eine Tatsache, die Manager gerne vergessen, da sie grundsätzlich materialistische und mit schlechtem Menschenbild behaftete Zeitgenossen zu sein scheinen. Wir wollen daher an dieser Stelle empfehlen, als Väter und v.a. Mütter eines ffOM einen anderen Schlag von Managern als die üblichen zu rekrutieren!

5.2. Familienorientierung

Im ffOM wird auf Familienarbeit gesetzt, d.h., die meisten Probleme werden in Gruppenarbeit angegangen. Wie die Experimente von Asch ("Striche-Zählen"), Hawthorne ("Glühbirnen-Placebo-Effekt"), Tavistock (Teilung der Gruppe führt zu Leistungshalbierung) und Milgram ("Elektroschocks-auf-Befehl") zeigten, wirken Gruppen ausserordentlich stark auf das Verhalten ihrer Mitglieder ein. Aus diesem Grund ist es hilfreich, die folgenden generellen Charakteristiken von Gruppen zu kennen:

  • In Gruppen findet stets eine Rollendifferenzierung statt.
  • Gruppen zeichnen sich durch die Interaktionshäufigkeit der Teilnehmer aus.
  • Gruppenteilnehmer erleben untereinander ein Gefühl von Ähnlichkeit.
  • In Gruppen bilden sich gewisse Verhaltensschemata heraus.
  • Gruppen bilden Normen heraus.
  • Intragruppale Kommunikation steigert die Kohäsion der Gruppe.
  • Hohe Gruppenkohäsion korreliert mit hoher AZ (nicht mit hoher Leistung!).
  • Hohe Gruppenkohäsion korreliert mit wenig Fluktuation/Krankenstand.
  • Ambiente und diskrete Stimuli sorgen für die Einhaltung von Normen.
  • Die Normen sind oft im Trial-and-Error-Verfahren entstanden.
  • Die Normen werden nicht mehr hinterfragt.
  • Die Normen gelten nicht für alle Mitglieder.
  • Gruppen verfügen über ein Sanktionenarsenal (bis hin zum Ausschluss).
  • Gruppen leiden unter Defekten wie Group Think, Selbstüberschätzung usw.

5.3. Kooperation statt Konfrontation

Die Psychologie hat Konflikte als leistungshemmend identifiziert, einer Meinung, der sich die Soziologen nicht anschliessen wollen. Sie behaupten, dass Konflikte zwischen Gruppen das Wir-Gefühl in den Gruppen erhöhen können, dass Konflikte die eigene Zielverfolgung intensivieren und das Konflikte die Bereitschaft erhöhen, sich Autoritäten bedingungslos unterzuordnen. Wir können darin keine Vorteile für ein ffOM erblicken. Ein ausgeprägtes Wir-Gefühl führt auf Dauer zur Abkapselung der Familie: Sie sieht andere Familien als Feinde an, lebt nach ihren eigenen Normen (die nicht mit denen der Organisation konform sein müssen), unterliegen dem Risikoschub-Phänomen, kurz: Sie kochen ihr eigenes Süppchen vielleicht besser, aber unter falschen Annahmen und in Inkompatibilität zu anderen Süppchen von anderen Familien. Wird bei Konflikten die eigene Zielverfolgung intensiviert, dann wird dadurch auch das konfliktionäre Potenzial erhöht: Kleine Familienstreitigkeiten arten in regelrechte Kriege aus, obwohl doch alle das Hauptziel haben sollten, dem Unternehmen Vorteile zu bringen. Und der letztgenannte Vorteil ist auch kein solcher: Im ffOM haben reine Befehlsempfänger keinen Platz: Gefragt sind nicht Konformisten, sondern kritische (nicht rebellische!) Individualisten.

Im ffOM, welches sich an die Prinzipien des BPR hält, wird Harmonie angestrebt. Konkurrenz zwischen Familien ist verpönt, die Eltern haben dem massiv entgegenzuwirken. (Nicht unbedingt) einzige Ausnahme: Die Forschung-und-Entwicklung-Familien sollen ruhig in freundschaftliche Konkurrenz zueinander treten. Die Eltern können dazu z.B. Wettspiele veranstalten, derart, dass zwei Familien am gleichen Projekt arbeiten, aber nur die innovativere Lösung durch einen Bonus honoriert wird. Sinnvoll ist dies, weil im Hinblick auf Innovationen Konflikte unbedingt nötig sind - sie sind die wesentliche Quelle aller Veränderungen!

5.4. Mehrlingrekrutierungs- und Wurf-Wechsel-Strategie im Eingliederungsprogramm

Die Rekrutierung von neuen Mitarbeitern ist eine teure Angelegenheit. Im ffOM sollte daher dafür gesorgt werden, dass die neuen Mitarbeiter, die Babys, sich gleich an das Unternehmen binden - und ihm nicht bei der ersten sich bietenden Gelegenheit den Rücken kehren. Es muss dazu realistisch rekrutiert werden. D.h., das Unternehmen hat beim Bewerber keine falschen Erwartungen durch übersteigerte Selbstdarstellung während des Bewerbungsgesprächs zu wecken, da sonst ein Realitätsschock kaum ausbleibt. Am Wichtigsten im Zusammenhang mit Babys ist die Vermeidung von Rollenkonflikten. Die Mutter hat dafür zu sorgen, dass die ausgewählte Rolle das Baby nicht unterfordert oder überfordert, sie muss ihm intensives Feedback geben, und zwar ad hoc und periodisch (siehe Personalbeurteilung); das mildert die Unklarheit.

Aus Gesprächen mit ihren Kindern weiss die Mutter, welche "Knackpunkte" es bei der Arbeit zu verstehen gilt, damit diese leichter von der Hand gehen - entsprechend entwirft sie mit dem Vater zusammen ein Einarbeitungsprogramm für Babys. Auch wenn es situativ angebracht sein kann, so sollte doch die Mutter dem Vater i.d.R. keine Einarbeitungsprogramme nahelegen, die auf eine Schonstrategie, Wirf-ins-kalte-Wasser-Strategie oder gar Entwurzelungsstrategie hinauslaufen. Familiär-fraktale Organisationen sind organisch, dynamisch, sie brauchen kritische, kreative Individualisten, keine Konformisten. Wer sollte sonst innovative operative Ziele formulieren können, mittels der die Organisation lernt (mithilfe des dynamisch-strukturellen OE-Konzepts)?

Wichtiger noch als bei den älteren Geschwistern, ist beim Nachwuchs die Möglichkeit zu experimentieren. Die Eltern müssen Fehler tolerieren. Falls die Eltern sogar absichtlich Fehler provozieren, um den Lernvorgang effektiver im Gedächtnis zu verankern, so ist der Ausübende darüber am Besten schon vorher in Kenntnis zu setzen, etwa in der Art: "Wir wissen, dass das für Sie noch nicht zu schaffen ist. Aber erst durch eine aktive Ausführung begreift man, worum es bei dieser Tätigkeit geht. Experimentieren Sie, ja, wagen Sie sich mit Absicht in unsicheres Terrain hinein! Machen Sie so viele Fehler wie nötig! Zeigen Sie uns, dass Sie nicht nur den vorgegebenen Pfad begehen können!"

Kieser schlägt ein Paten- und Mentor-System vor. Insbesondere Letzteres, bei dem ein nicht-direkter Vorgesetzter die Betreuung übernimmt, wird von ihm bevorzugt, da der Mentor keine Angst haben muss, dass ihm ein guter Mitarbeiter gleich wieder weggenommen wird. Im ffOM kann so etwas nicht passieren; keiner Familie können die Kinder geraubt werden! Nicht einmal ein Vorstandsmitglied hat das Recht, personalpolitisch gegen den Willen der Eltern zu verfahren.

Wir sehen beim Paten- und Mentor-System auch das Problem, dass es ihm in der Praxis an Freiwilligkeit fehlt. Niemand hat zu viel Zeit im Unternehmen, und als Pate oder Mentor wird diese Zeit zusätzlich beschnitten. Ein introvertierter Nachwuchs wird schnell darauf verzichten, den Paten bzw. Mentor mit Fragen zu behelligen, selbst wenn diese ihren Unwillen nicht offen zeigen sollten. Beim Mentor-System tritt dieses Problem gegenüber dem Paten-System sogar noch verstärkt auf, da hier neben dem Frischling-Alter-Hase-Verhältnis auch noch ein Mitarbeiter-Vorgesetzten-Verhältnis vorliegt.

Im ffOM wird ein innovatives Eingliederungsprogramm propagiert, welches zwei Strategien verfolgt, nämlich die Mehrlingrekrutierungsstrategie und die Wurf-Wechsel-Strategie. Das Eingliederungsprogramm zeichnet sich durch folgende Merkmale aus:

  • Realistische Rekrutierung.
  • Mehrlingrekrutierungsstrategie, d.h. es werden immer mindestens zwei Babys, also Mehrlinge, zeitgleich in das ffOM "hineingeboren".
  • Die Mehrlinge lernen die Organisation in einer einmaligen Orientierungsveranstaltung kennen. Dabei lernt der Nachwuchs, der Wurf, sich auch gleich gegenseitig kennen.
  • Die Mehrlinge werden entweder zusammen in eine Familie "hineingeboren", dann sind sie ohnehin ständig beieinander, oder sie wechseln jeden Morgen als vollständiger Wurf von einem Arbeitsplatz zum anderen, wobei es dann den Intra-Babys obliegt, den anderen ihre Tätigkeit gemäss des Einarbeitungsprogramms nahe zu bringen (Wurf-Wechsel-Strategie). Am Nachmittag arbeitet dann jedes Baby wieder ohne die anderen, unterstützt nur von der Mutter und den Geschwistern.
  • Ein Mentoren oder Paten benötigt man im ffOM nicht, denn alle sozialen Aspekte des Arbeitslebens werden von der Mutter abgedeckt. Familien zeichnen sich ja v.a. dadurch aus, dass die Eltern die Bildung ihrer Kinder, insbesondere der Babys, selbst übernehmen.
  • Durch die Mehrlingrekrutierungsstrategie und die Wurf-Wechsel-Strategie lernt der Nachwuchs effektiver als in Einzelarbeit. Informationen können im Wurf dezentral gesammelt und genutzt werden, die Babys geben sich gegenseitig Feedback. Da alle gleichgestellt sind - positionell und vom Know-how her - muss sich keiner scheuen, die anderen um Rat zu fragen. Der Wurf vermittelt dem Einzelnen auch einen Rückhalt, der ihm Mut gibt, innovative Vorschläge in die Familie einzubringen. Und nichts wirkt beruhigender auf einen Neuling, als wenn er bemerkt, dass andere Neulinge genau die gleichen Probleme haben wie er.
  • Wie lange der morgendlichen Wurf-Wechsel betrieben werden sollte, ist situationsgebunden. Jedoch ist eine Mindestzeit von zwei bis drei Wochen dafür sicher nicht zu hoch veranschlagt. Bis dahin haben sich informelle Strukturen zwischen den Babys entwickelt, die bei Problemen, die man weder mit den Eltern noch den Geschwistern besprechen kann, benutzt werden können. Ausserdem kann der Wurf sich auch weiterhin in der Mittagspause u.ä. Gelegenheiten treffen, obwohl die Familien i.d.R. wenigstens zusammen essen sollten.

5.5. Individuelle, änderungsbasierte Personalentwicklung

Personalbeurteilungssysteme (PBS) sind beliebte personalpolitische Instrumente in Unternehmen; sie geben Tipps für die Entgeltpolitik, für Soll-Leistungen, Feedback und Ausbildungsbedarf. Aber Nebeneffekte wie Beunruhigung, Schönfärberei usw. sind nicht zu vermeiden. Allgemeine Massstabs- und Bezugssystemgleichheit ist in Organisationen kaum vorzufinden, subjektive Urteilstaktiken von Vorgesetzten meistens die Regel, die Wahl der Beurteilungskriterien beinahe immer willkürlich, Begründungen für Ergebnisse jeder Art können gesucht und gefunden werden, die Überprüfbarkeit ist selten gegeben, auch dann, wenn Wiederholungen (Validität niedrig!), Beurteilungen durch Gremien, Quotenfestlegung und Selbstbenotungen angesetzt werden. Das PBS ist jedoch wiederum im allgemeinen Empfinden so wichtig, dass es die Beziehung zwischen Vorgesetzten und Unterstellten auch leicht "verkünsteln" kann: Man hält sich an die Richtlinien, auch wenn diese offensichtlich dysfunktional sind, nur damit der Vorgesetzte keinen Kritikpunkt finden kann.

Natürlich können PBS helfen, Personen eigenschaftsorientiert einzusetzen. Dennoch: Vitamin-B ist der gängigere Weg. Zudem sind Eigenschaften änderbar, Menschen können sich entwickeln, genauso wie auch die Organisation selbst. Aus diesem Grund wollen wir im ffOM besondere Personalbeurteilungen ansetzen (die ins Terrain der Mutter fallen): als Instrument zur Personalentwicklung, die sich auch auf die Vorgesetzten (Vater und Mutter) erstreckt; dies ist jedoch nur sinnvoll, sofern ein partizipativer Führungsstil existiert!

Das Konzept der individuellen, änderungsbasierten Personalentwicklung verläuft folgendermassen:

  1. Die Vergleichbarkeit von Arbeitsplätzen ist fast nie gegeben, daher sind pro Arbeitsplatz individuelle Kriterien zu bestimmen, die für ihn wichtig sind. Diese Kriterien handeln Kind und Mutter gemeinsam aus.
  2. Es wird einmal im Jahr eine absolute Erhebung der Eignung der Kriterienausprägungen vorgenommen. Dazu fertigt die Mutter in Absprache mit dem Vater eine Beurteilung an, wie auch das Kind eine Selbstbeurteilung durchführt. Danach findet ein Abgleich statt.
  3. Jeden Monat wird in einem zehnminütigen Gespräch zwischen Mutter und Kind geklärt, wo sich Änderungen bezüglich der Kriterienwerte ergeben haben, d.h., wo das Kind besser bzw. schlechter wurde.
  4. Bei grösseren organisatorischen Änderungen werden Änderungen an den ausdiskutierten, individuellen Kriterien vorgenommen. Nur die neuen Kriterien werden dann absolut erhoben.
  5. Das Kind hat bei den Gesprächen die Chance, die "Beurteilung" als Feedback anzunehmen, das ihm den Weg weist, wie er sich in den Augen der Mutter verbessern kann. Im Rahmen der dynamisch-differenziellen Arbeitsgestaltung kann er sich seine Entwicklung honorieren lassen (was sich dann aber auch finanziell auswirken muss!).
  6. Der Vorgesetzte kann während der Gespräche vom Kind eine ähnliche Beurteilung (Vorgesetzten-Check) erfahren. Er sollte das Kind dazu aber direkt auffordern.

Neben obiger "Personalbeurteilung" bewerten Personen ihre Arbeitsleistung und das, was sie dafür bekommen, auch immer noch selbst. Sie verfahren dabei nach folgenden Theorien:

  • Attributionstheorie: Das Kind fragt sich, ob das Ergebnis auf Glück, Einfachheit, Begabung oder Fleiss zurückzuführen ist. Man kann den Kindern im ffOM beibringen, Erfolge stets auf internale, Misserfolge dagegen stets auf externale Faktoren zurückzuführen, um so ihre Motivation zu steigern. Allerdings ist das persönliche Handlungsbewertungsmuster eine relativ stabile Struktur.
  • Gleichheitstheorie nach Adams: Das Kind vergleicht seine Input-Output-Relation mit der Input-Output-Relation anderer Kinder. Bei Ungleichgewicht (auch bei zu viel Output!) reagiert es durch Änderung dieser Relation. Hier ist es im ffOM wichtig, dass Väter bzw. Mütter das Belohnungssystem transparent machen, sodass berechtigte Ungleichheiten eine rationale Begründungsbasis bekommen; dadurch werden Spannungen vermieden. Problem ist nur, dass über das, was jeder Einzelne als Input bzw. Output empfindet, selten intersubjektive Übereinstimmung herrscht.

5.6. Partielle personalistisch-strukturelle Führung

Die Führung im Unternehmen ist eine komplexe Angelegenheit. Wir betrachten hier daher nur die Einflussfaktoren der Führung, die uns für das partielle personalistisch-strukturelle Führungsmodell wichtig erscheinen.

  • Aufgabe: Jede Aufgabe verlangt im ffOM eine andere Art der Führung. Ist sie komplex bzw. innovativ, ist Gruppenbearbeitung anzuraten. Ist sie wohlstrukturiert, kann der Führer sie delegieren. Ist die Akzeptanz wichtig, muss der Führer partizipativ vorgehen. Ist sie schnell zu erledigen, ist eine autoritäre Entscheidung des Führers legitim.
  • Organisation: Die formale und informale Organisation im ffOM gibt Aufgabenteilung vor, sie koordiniert die Unterstellten ohne Zutun des Führers technokratisch-unpersönlich durch Pläne und Programme. Hierbei macht man sich das Stimulus-Organismus-Response-Paradigma zu nutzen (wobei der Organismus als Filter fungiert). Unternehmenskultur und kollegiale Aufsicht geben zusätzliche Richtlinien vor, in denen sich die persönliche Führung zu bewegen hat. Sie ist jedoch in Ausnahmefällen nötig. Zudem hat sie Vorbildfunktion für die Kinder zur Interpretation der Organisationsstrukturen.
  • Vorbildung: Personen kommen bereits konditioniert in den Betrieb. Durch ihre Erziehung, durch gesellschaftliche Werte, durch ihre Bildung und durch ihre täglichen Erfahrungen wissen sie, was von ihnen erwartet wird und was sie erwarten dürfen. Dadurch können sie sich im ffOM selbst führen oder in Gruppen miteinander effektiv interagieren. Je höher ihre Qualifikation ist, desto eher wird der Führer als Berater, nicht als Macher, benötigt.
  • Person: Personen müssen im ffOM verschieden geführt werden; es gibt zwischen ihnen Qualifikations-, Motivations- und Temperamentsunterschiede. Sind einige Unterstellte extrinsisch motivierbar, suchen andere die Selbstentfaltung im Beruf, neigen einige zur Drückebergerei, bringen andere ihre Gesundheit durch Überarbeitung in Gefahr. Ein Vater tut gut daran, sich in die Kinder einzufühlen, damit er auf potenzielle Defekte des Einzelverhaltens vorbereitet ist, wie z.B. Attributionsfehler (Erfolg ist mein Werk, Misserfolg ist das Werk anderer), illusorische Korrelationen (einmal gut, immer gut), Wunschdenken, lineares Denken, Vorurteile und Kopierverhalten.
  • Gruppe: Gruppen müssen anders geführt werden als Einzelkinder. Im ffOM delegiert der Vater die komplexe Aufgabe an die Gruppe als Ganzes, d.h. die Kinder übernimmt es selbst, sich zu koordinieren und regulieren; die Ablauforganisation obliegt ihnen selbst, der Vater erhält nur das Ergebnis zurück. Dennoch sollte der Vater auf Defekte des Gruppenverhaltens achten, so z.B. auf das Risikoschubphänomen durch die Dominanz Dominanter, auf das kritiklose Schwimmen im Strom, auf illusorischen Unverwundbarkeitsglauben, auf Selbstzensur, die Abweichler verdammt, die aber gerade Innovationen mit sich bringen können. Insbesondere bei Schwierigkeiten kann die Führung ihre Lokomotionsfunktion und Kohäsionsfunktion ausweiten.
  • Positionsmacht: Formale Macht kann dem Vater helfen, sich z.B. gegen sein ältestes Kind durchzusetzen, sollte dies aufgrund seiner Fachkompetenz über mehr informale Macht verfügen als sein Vater. Ein eher restriktiver Führungsstil - ein Erziehungsstil! - kann das Kind zurechtweisen und dysfunktionale Mikropolitik eindämmen. Die Positionsmacht bestimmt auch, inwieweit sich ein Vater von seinem eigenen Vater emanzipieren kann; so kann es u.U. sein, dass der Vater das Kind dazu nötigt, seinen Führungsstil einfach zu kopieren.
  • Gesetze/Arbeitsmarkt: Schlechte Führung wird bei schwieriger Arbeitsmarkt-Situation eher geduldet als sonst. Wenn ein Vater sich Effizienzvorteile davon verspricht, kann er diese Tatsache ausnutzen, indem er einen eher autoritären Führungsstil bevorzugt als einen partizipativen oder gar autonomen.
  • Entscheidung für Führungsstil: Anhand der Situation sollte der Vater entscheiden können, welcher Führungsstil der angemessene ist. Da er nur über ein begrenztes Potenzial an Führungsstilen verfügt - nur sehr wenige Leute sind in der Lage, ebenso charismatisch wie autoritär wie partizipativ wie autonom zu führen -, kann es u.U. passieren, dass ein Vater nicht den richtigen Führungsstil beherrscht. Wir sind der Meinung, dass nicht jeder Stil gelernt werden kann; dazu ist nur ein geborener Schauspieler in der Lage. Wie in der Kontingenztheorie der Führung von Fiedler kann es daher also nötig sein, die Mutter oder jemand anderes zur Hilfe heranzuziehen.
  • Geführtenattribution: Wie Calder herausstellt, gibt es in den Köpfen der Kinder implizite Vorstellungen darüber, wie ein Vater zu sein hat, um akzeptiert zu werden. Diese Rollenerwartung muss der Vater berücksichtigen, will er die effektivsten Führungsstile beherrschen. Extrinsisch Motivierbare erwarten z.B. die Transparentmachung des Belohnungssystems, die reinen Spezialisten die Strukturierung der Arbeit und die Professionalisten die Abgabe von Verantwortung. Durch diese Attribution wird das Geschehen in Organisationen personalisiert (Personen sind leichter zu beeinflussen, als die Aufgaben oder das Umfeld), d.h., die Rolle der Vorgesetzten für den Erfolg eines Unternehmens wird deutlich überbewertet (das Geschäftsjahr und die Branche sind sehr viel wichtiger für den Umsatz, als der Führungsstil der Führungsmannschaft!), wodurch die Vorgesetzten jedoch wiederum an realem Einfluss gewinnen.
  • Vorgesetztenattribution des Ablaufs: Der Vater reagiert über eine Änderung seines Führungsstils, wenn er Schwierigkeiten im Ablauf erkennt. Je nachdem, ob er die Aufgabe, das Umfeld oder die Person/Gruppe für die Probleme verantwortlich macht, handelt er aufgabenorientierter oder beziehungsorientierter. Mehr noch als die Kinder muss er sich jedoch dabei Attributionsfehlern bewusst sein, d.h., er darf nicht immer gleich dazu neigen, Personen für Misserfolge verantwortlich zu machen und Erfolge seiner guten Führung zuzuschreiben, Macht zu missbrauchen, Freunde anders zu bewerten usw. Im ffOM gehen wir ausdrücklich von der Harmonie-These aus, dass ein im Sinne von Hersey und Blanchard "reifes" Kind ohne jedes Zutun des Vaters funktioniert, d.h., die für die Organisation maximale Leistung erbringt. Daraus folgt, dass Misserfolge nie von Anfang an der Person zugeschrieben werden sollten (Erfolge aber schon!), sondern immer zuerst in der Situation bzw. Aufgabe begründet werden.
  • Vorgesetztenattribution des Ergebnisses: In ffOM mischen sich Väter nur in Ausnahmefällen in die Arbeit der Kinder ein. Sie orientieren sich weitgehend nur an den Ergebnissen, die die Kinder erbringen. Eine Änderung des Führungsstils hat dann zwar keinen Sinn mehr - das Ist-Ergebnis liegt ja bereits vor und eine neue Aufgabe erfordert ohnehin einen neuen Führungsstil -, aber es wird dennoch gefragt, wem das Ergebnis am ehesten "anzulasten" ist: dem Umfeld, der Aufgabe oder der Person/Gruppe? So kann für die weitere Zukunft ein neuer Führungsstil erlernt werden.
  • Erwartete Rolle des Vaters: Wie bereits erwähnt, erwarten Kinder ein bestimmtes Verhalten (und anderweitige Persönlichkeitsmerkmale) von Vätern, um sie als solche zu akzeptieren. Väter sind nicht automatisch als solche geboren, sie werden dazu gemacht. Allerdings werden nach unserer Vorstellung auch Anleihen an die Great-Man-Theory gemacht, da bestimmte erwartete Merkmale nicht erlernbar sind. Das Führerbild im ffOM ist also partiell personalistisch (aristokratisch), d.h., man ist nicht nur durch angeborene Merkmale Führer, diese sind aber nötig, um Führer werden zu können (im Gegensatz zum demokratischen, sozial-dynamischen Führerbild). Zum anderen ist das Führerbild aber auch partiell strukturell (funktionalistisch), d.h., der Führer muss das System nur in Ausnahmefällen anstossen, ansonsten läuft es von alleine. Dieses erwartete Führungsbild ist zu beachten, wenn ein Vater verschiedene Führungsstile erlernt.
  • Vorgesetztenpersönlichkeit: Ein Führungsstil muss mit der Persönlichkeit des Führers übereinstimmen, wobei die Persönlichkeit derjenige Teil ist, der - wie oben angesprochen - nicht erlernbar ist. Einem Dummkopf kann man keine Intelligenz antrainieren, einen introvertierten Menschen nicht glaubhaft zum Party-Hengst umfunktionieren. Nur sehr gute Schauspieler sind in der Lage, alle möglichen Persönlichkeiten glaubhaft darzustellen und eine entsprechende Führungsstilvielfalt an den Tag zu legen. Doch auch Normalbegabte sollten in der Lage sein, zwischen mehreren Führungsstilen zu wechseln, sofern diese konform sind mit ihrer Persönlichkeit.
  • Pool erlernter Führungsstile: Je nach Rollenerwartung, Persönlichkeit und Erfahrungen kann sich ein Vater eine ganze Sammlung sinnvoller Führungsstile zulegen, die er beherrscht und je nach Situation einzusetzen vermag. Führungsstile können sein: Transformational (charismatisch; Einimpfung Werte-konformer Bedürfnisse), laissez-faire (autonom), autoritär (direktiv), partizipativ (Führer als Coach, Berater, Moderator, Sponsor, Konfrontierer), gruppenorientiert bzw. personenorientiert (beziehungsorientiert), aufgabenorientiert (Führer als Strukturierer), ergebnisorientiert, prozessorientiert, kooperativ, delegativ, transaktional (Weg-Ziel-Ansatz; motivationsorientiert), usw. Durch erlernte Führungsstile entspricht der Führer erst dem Führungsbild der Geführten, so können Führungstheorien wie z.B. von Hersey und Blanchard, die bestimmte Führungsstile in bestimmten Situationen nahelegen, dem Vater Selbstsicherheit geben, die vielleicht nicht gerechtfertigt ist, die aber die Kinder vom Vater erwarten, da sie ihn sonst nicht akzeptieren können. So können u.U. auch schlechte Führungsstile auf empirische Evidenz verweisen. Dabei darf nicht vergessen werden, dass Führungstheorien das Problem nur strukturieren, sowie bei der Selbstreflektion helfen, und selten das Wie vermitteln. Ausserdem gehen sie unserer Meinung nach zu häufig vom hedonistisch-rationalen Menschen aus, die explizit motiviert werden müssen (im Sinne der 2-Faktoren-Theorie von Herzberg).

Schematischer Zusammenhang der Einflussfaktoren der partiellen personalistisch-strukturellen Führung:

Vorbildung
Aufgabe Organisation Personen/Gruppen Positionsmacht Gesetze/Arbeitsmarkt
SITUATION
Entscheidung für Führungsstil
Geführtenattribution
GEFÜHRTEN-VERHALTEN
Vorgesetztenattribution des Ablaufs
ERGEBNIS
Vorgesetztenattribution des Ergebnisses
ERFAHRUNG/LERNEN
Erlernte Führungsstile-Pool
Erwartete Rolle des Vaters      Vorgesetzenpersönlichkeit

5.7. Wertegepufferte Mikropolitik

Wir denken uns im ffOM Familien und Einzelpersonen meistens als unpersönliche Funktionsträger, doch in realen Sozietäten lassen sich immer die vier Axiome der Mikropolitik finden:

  1. Es gibt ein flutendes Potenzial von Macht.
  2. Einige Personen sind auf Machtsteigerung aus, andere weniger.
  3. Um ihre Macht zu steigern, bilden Personen mit anderen Personen informale Koalitionen.
  4. Macht bricht von ausserhalb in die Organisation hinein und stört u.U. deren funktionalen Ablauf.

Mikropolitik macht sich nach Horst Bosetzky die Tatsache zunutze, dass sich Autorität auf mehrere Arten begründen kann: Es gibt die Amtsautorität, die induzierte Autorität (Machtkumulation durch Vielfach-Mitgliedschaft und Don-Corleone-Prinzip), die personale Autorität und die konspirative Autorität (Geheimwissen-Autorität). Jede dieser Autoritätsformen lässt sich auch im ffOM finden. Das ist jedoch nicht nachteilig, da die Mikropolitik durchaus auch Nutzen für das Unternehmen bringt. Denn egal, ob jemand eher persönliche Macht oder sozialisierte Macht anstrebt, wichtig ist nur, dass er dafür Leistung erbringen muss - Leistung, die den Unternehmenszielen entgegenkommen sollte, da dann Fachwissen, Geheimwissen, induzierte Autorität und - als Beförderung - auch Amtsautorität gleichzeitig steigerbar ist!

Unfaire mikropolitische Aktivitäten, wie Mobbing, Anschwärzen anderer, usw. sind nicht nur dysfunktional (man wehrt sich ja dann z.B. mehr gegen die Mikropolitik, als man sich um seine eigentliche Arbeit kümmert), sondern sind schon alleine aus moralisch-ethischen Gründen im ffOM unbedingt zu vermeiden. Ethisches Management ist hier gefragt, denn wie es die Bosse machen, so machen es auch die Unterstellten. Es müssen daher Werte in die Familienkultur einfliessen, die bestimmte unfaire Handlungen als verpönt gelten lassen, sodass gruppale Mechanismen wie diskrete Stimuli dafür sorgen, dass sich zumindest niemand bei "verbotener" Mikropolitik erwischen lässt. Übergreifende Werte, die eindämmend auf Mikropolitik wirken, sind z.B.: "Kooperation, statt Konfrontation!", "Einer für alle, alle für einen!" und "Wer petzt, wird genauso bestraft, wie der, den er verpetzt hat". Wir erreichen dadurch eine wertegepufferte Mikropolitik. Eine Art Geheimpolizei mit Spitzeln u.ä. darf es im ffOM, welches ja auf gegenseitigem Vertrauen basiert, niemals geben, sonst kann es unmöglich funktionieren!