Männer-Aggression durch genetische Frauenfixierung

Geschwurbel von Daniel Schwamm (26.08.1991)

Ein Dialog

1: In der Gegenwart von Frauen fühle ich mich - als Mann - wohler als in der Gegenwart von Männern.

2: Das glaube ich gerne ...

1: Nein, nein, nicht deswegen, nichts Sexuelles ... zumindest nicht primär aus diesem Grund. Nein, wegen der geringeren Aggressivität, die ich in einem solchen Kreis erfahre.

2: Geringere Aggressivität?

1: Ja - Frauen erscheinen mir friedliebender zu sein als Männer.

2: Hängst du mal wieder den Idealisten heraus? Ich dachte, die Pubertät hättest du inzwischen hinter dir.

1: Was hat denn das damit zu tun.

2: Nur weil du scharf auf Frauen bist, siehst du sie durch eine rosarote Brille. Für gewöhnlich legt sich solcher Idealismus, wenn man älter wird - zumindest bei den meisten. Nur nicht bei den Spätpubertären und ewig Kindgebliebenen ...

1: Na hör mal!

2: Du siehst in ihnen ein Mutterersatz. Und Mütter sind bekanntlich gut und warmherzig und was weiss ich noch alles.

1: Wer idealisiert den jetzt hier? Nun ja - selbst für die radikalsten Umdenker besitzt ja die Mutterliebe noch immer ihren Heiligenschein. Auch wenn bisweilen Mütter ihre Kinder nicht so lieben, wie sie es eigentlich sollten - die Gesellschaft kann das in ihrer ehernen Ansicht nicht erschüttern, dass die Mutterliebe etwas Unbedingten, Naturgegebenes ist.

2: Aha! Sind die Frauen also doch nicht so friedliebend, wie du eben noch behauptet hast.

1: So weit geht meine Idealisierung der Frauen nicht, als dass ich sie alle als geborene Pazifisten bezeichnen würde. Arno Plack hatte recht, als er schrieb: "Die Frau als Friedensengel ist eine Erfindung der Männer, die sich von den Frauen nicht in ihr schmutziges Kriegshandwerk hineinreden lassen wollen.

2: Eben. Frauen, die an der Macht sind, verhalten sich - historisch erwiesen - auch nicht friedlicher als Männer. Zu viel Macht, die sich in einer Person vereinigt, hat noch nie zu etwas Positiven geführt, egal welches Geschlecht der Träger der Macht innehatte.

1: Ganz klar, auch Frauen können wahre Furien sein. Interessant dabei: Bei Streitereien, die ich in Diskotheken miterleben musste, empfand ich die Faustkämpfe der Männer immer als weniger ernst, als die gegenseitige Zerfleischung und Zerkratzungen, die manche Mädchen dort hinlegten.

2: Hat vielleicht biologische Gründe. Kämpfe unter Männern sind ritualisiert, meist auch viel Show, Prahlerei, eben mehr Schein als Sein. Wie es ja auch häufig im Tierreich zu finden ist; eine Tiergattung würde Gefahr laufen auszusterben, wenn die rivalisierenden Männchen in ihren Machtkämpfen bis zum Letzten gehen würden, sprich, der Kampf immer mit dem Tod des Rivalen enden würde.

1: Ja - aber den Weibchen wurden keine genetischen Hemmschwellen auferlegt, weil es zwischen ihnen vermeintlicherweise erst gar nicht zu einem Kampf kommt. Konrad Lorenz beschreibt aber, was passiert, wenn zwei weibliche Tauben - Friedenstauben! - auf engen Raum miteinander auskommen müssen: Die Stärkere quält die Schwächere ohne ein Gefühl von Mitleid bis zum Tod. Hier endet der Kampf also nicht, wenn einer der beiden Unterwerfung signalisiert.

2: Also gut, vielleicht bist du doch mehr Realist, als gedacht. Unaggressive Weibchen - das ist ein irriger Mythos!

1: Ja, unaggressiv sind sie nicht, die Frauen. Aber doch wohl üblicherweise unaggressiver als Männer. Darauf kommt es mir an.

2: Ach so, dann bleibst du also weiterhin dabei, dass Frauen weniger aggressiv sind als Männer?

1: Richtig. Und ich habe mir auch einige Gründe überlegt, um eine Erklärung für diese meine Beobachtung zu finden.

2: Na, da bin ich aber mal gespannt. Also: Woher rührt die gesteigerte Aggressivität des Mannes?

1: Nun, fangen wir ganz von vorne an - als der Mensch noch auf den Bäumen sass und aus irgendwelchen bisher unbekannten Gründen auf die Erde kletterte.

2: Gut. Wahrscheinlich willst du jetzt darauf hinaus, dass zu diesem Zeitpunkt der Mann der Dominante in einer Beziehung oder Paarehe oder was auch immer für eine Geschlechtergemeinschaft war. Da würde ich dir unumwunden zustimmen; die Beobachtung von Affen und ihrer sozialen Umgangsformen lassen kaum einen anderen Schluss zu, nicht wahr?

1: Ja, das meine ich auch. Aber dabei blieb es nicht!

2: Oho. Meinst du, die Frauen haben die Macht übernommen, als es den Menschen auf die Erde verschlug?

1: Gerhard Moosleitner hat mich auf diese Idee gebracht. Er stellte sich nämlich die Frage, ob denn der Gang auf die Erde - und der damit verbundene aufrechte Gang - kein freiwilliger Schritt des Menschen war, sondern vielmehr ein erzwungener.

2: Macht das ein Unterschied?

1: Oh ja, denn wenn man sich weiter überlegt, was es für einen Mann bedeutet, plötzlich aufrecht gehen zu müssen, anstatt wie sonst auf allen Vieren herumzukrabbeln, wird einem auch klar, dass es eben diesem Mann kaum gefallen haben dürfte.

2: Warum denn das? Aufrecht gehend konnte er doch viel besser über die Grasebene blicken und Feinde ausfindig machen. Auch an hoch hängende Nahrung kam er besser dran. Das sind doch klare Vorteile, meinst du nicht auch?

1: Sicher, aber sie hatten einen entschiedenen Nachteil dafür in Kauf zu nehmen: Die Geschlechtsorgane des Mannes sind aus Temperaturgründen nach aussen verlegt worden, und da es damals noch keine Kleider gab, und er gezwungen war, aufrecht zu gehen ...

2: Ach du meinst ... Autsch! ... hohe Verletzungsgefahr der Genitalien ... schneidendes Gras, angreifende Tiere, und so weiter. Die Fortpflanzung ist gefährdet.

1: Und wir beide wissen, wie wichtig dieser Punkt für die Evolution ist ...

2: Klar, verstehe. Der Mann überlegte es sich daher sicher dreimal, bevor er sich unnötig bewegte und dadurch etwas gefährdete, mit dem er sein Selbst in grösstem Masse identifizierte. Frauen dagegen, deren Fortpflanzungsorgane schützend im Körper lagen, sahen sich durch den aufrechten Gang weit weniger behindert.

1: Der Mann wurde passiviert, die Frau aktiviert. Eine Dominanzverschiebung fand satt. Und das war sehr gefährlich für den Mann.

2: Logisch, denn dadurch geriet er in Gefahr, ebenso rudimentär zu werden, wie Drohnen bei den Bienen oder männliche Spinnen nach der Paarung. Das Weibliche ist für die Erhaltung der Art weit wichtiger; es ist im Ursprung auch älter als das Männliche.

1: So sehe ich das auch. Aber hier fand nun abermals eine Wandlung statt. Dem männlichen Menschen wurde durch die Evolution ein Weg vorgegeben, der aus der Rudimentation herausführte - wie schon bei anderen Tieren auch: Der Mann wurde aggressiver als die Frauen, um sich ihnen gegenüber weiterhin behaupten zu können.

2: Seine Aggression legitimierte sein Dasein; er wurde zum Beschützer der Frau - oder sie machte ihn dazu, wer weiss.

1: Ja, und zu diesem Zeitpunkt begann der Mann ausserdem an Kraft gegenüber der Frau zuzunehmen. Die Unterschiede wurden grösser zwischen den Geschlechtern, aber sie ergänzten sich dadurch im Kampf ums Überleben besser.

2: Aggression als ein Trick der Natur. Ein erstaunlicher, weil positiver Aspekt der Aggression, in der Tat. Wirklich bemerkenswert.

1: Nun, dem stimme ich zu. Aber ich habe auch noch weiter überlegt. Ich wollte wissen, woher der Mann seine gesteigerte Aggression bezieht. Wodurch wird er aggressiver? Was veranlasst ihn zu Aggressionen?

2: Seine Gene, Hormone. Testosteron ...?

1: Das sind nur die biologischen Mittel, sie sind nicht der Grund. Obwohl die Gene - und gerade das genetische Erbprogramm - dabei meiner Meinung nach eine erhebliche Rolle spielt. Du weisst ja: Männer wollen mit vielen Frauen sexuell verkehren, weil das die Chancen erhöht, sein genetisches Programm fortzupflanzen und Nachkommen in die Welt zu setzen.

2: Während die Frau darauf bedacht ist, einen Mann an sich zu binden, da das die Aufzucht ihrer Kinder wesentlich erleichtern könnte, also ihre Fortpflanzungschancen erhöht werden.

1: Und da haben wir einen biologischen Knackpunkt, eine Reibefläche, zwei Geschlechter mit gegensätzlichen Zielvorstellungen.

2: Und das ergibt Frust bei den Männern, die viele Frauen haben wollen, aber diese nicht bekommen, weil das die Frauen ihren Auserwählten eben gerade nicht mit anderen teilen wollen.

1: Dagegen bekommt die Frau ihren Mann - oder mindestens einen Mann - ohne grössere Probleme. Ihr Frustrationspegel ist in diesem Geschlechterspiel bei Weitem niedriger, würde ich einmal behaupten.

2: Und Frustration und Aggression, das gehört zusammen. Da besteht eine kausale Beziehung, ganz klar.

1: Eben. Der genetisch bedingte Zwang der Männer, möglichst vielen Frauen beizuschlafen, kann nur zu Frust und damit zu erhöhter Aggression führen, da die Frauen in dieser Hinsicht andere biologischen Prioritäten gesetzt haben.

2: Wie einfach sich das anhört. Und wir mussten dazu noch nicht einmal die Psychologie heranziehen. Sagenhaft! So sind denn die Frauen selber der Grund dafür, dass die Männer so aggressiv sind. Wahnsinn! Aber erzähl das bloss keiner Frau ...